# taz.de -- Kommentar „Konto für alle“: Geld ist wichtiger als ein Pass | |
> In Zukunft soll es allen Verbrauchern möglich sein, ein eigenes Konto zu | |
> eröffnen. Das ist gut. Die Frage ist aber, wer als „Verbraucher“ gilt. | |
Bild: Bevor man Bargeld abschafft, sollte erst mal der Zugang aller zu Bankkont… | |
Am liebsten wäre es dem Ökonomen Peter Bofinger, das Bargeld gleich ganz | |
abzuschaffen. Keine Frage: Schwarzgeldströme wären leichter unter Kontrolle | |
zu kriegen – und das Leben der Menschen, wie es ohnehin in Mode geraten | |
ist, wäre besser zu lenken und zu kontrollieren. | |
Bofinger vertritt die Wahrnehmung einer tapferen Finanzelite, stets in | |
Sorge um das Weltwirtschaftssystem. Dabei verfügen selbst in Deutschland | |
laut Schätzungen Hunderttausende Menschen noch nicht einmal über ein | |
eigenes Konto, weil Banken kein Interesse daran haben, sich mit Schuldnern, | |
Obdachlosen oder Flüchtlingen zu behängen. | |
Ein Grund ist auch, dass bei der Einführung eines Gesetzes zur Bekämpfung | |
von Geldwäsche 2009 nicht daran gedacht wurde, dass viele Flüchtlinge nicht | |
mit einem Identitätsnachweis ausgestattet sind, wie ihn der Gesetzgeber | |
seinerzeit einforderte. | |
Das soll sich künftig ändern. Es wird auch Zeit. Ehe darüber nachzudenken | |
ist, die Grundlage sozialer Teilhabe in der Marktwirtschaft nur noch | |
virtuell zu organisieren, muss diese Teilhabe erst einmal für alle | |
gewährleistet sein. Dass das Finanzministerium diesen Schritt nun umsetzen | |
will, ist gut. | |
Was der Gesetzesentwurf im Detail vorsieht, bleibt vorerst aber noch | |
unklar. Für Flüchtlingsinitiativen ist das eine Arbeitsaufgabe: Sie müssen | |
in den kommenden Wochen kontrollieren, dass die EU-Richtlinie, in der stets | |
von „Verbrauchern“ die Rede ist, möglichst umfassend ausgelegt wird. | |
In einer kapitalistisch geprägten Welt, in der der Besitz von Geld häufig | |
wichtiger ist als der Besitz eines Passes, sollte dieses Recht auch | |
Menschen zukommen, die sich ohne legale Papiere in Deutschland aufhalten. | |
Die als „Illegale“ gebrandmarkten Flüchtlinge sind schließlich auch | |
Verbraucher. Ein „Konto für alle“ muss diese Verbraucher mit einbeziehen. | |
14 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
## TAGS | |
Bankkonto | |
Flüchtlinge | |
Konto für alle | |
Obdachlosigkeit | |
Bundesministerium der Finanzen (BMF) | |
Bargeld | |
EU | |
Konto | |
EU-Kommission | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Geplantes Barzahlungsverbot: Schäuble und die Cash-Gegner | |
Der Finanzminister will Barzahlungen über 5.000 Euro verbieten. Er ist Teil | |
einer Verschwörung gegen Scheine und Münzen. | |
Einigung in Brüssel: Ein Konto für jedermann | |
Die EU will sozial Schwächere stärken. Alle Bürger haben bald ein Recht auf | |
ein Bankkonto. 25 bis 30 Millionen Europäer besitzen kein Konto, obwohl sie | |
eins wollen. | |
EU-Parlament will „Basiskonto“: Ein Konto für jeden in Europa | |
Das EU-Parlament fordert ein kostenloses Basiskonto für alle – jeder soll | |
bargeldlos zahlen können. Können die Abgeordneten ihren Vorschlag | |
durchsetzen? | |
Gesetzesvorschlag der EU-Kommission: Girokonten für alle EU-Bürger | |
Bankgebühren werden transparenter und Bankwechsel einfacher. Außerdem | |
sollen alle Menschen mit Wohnsitz in der EU das Recht auf ein eigenes | |
Girokonto erhalten. | |
Neues Guthabenmodell der Sparkassen: Die Bank für alle Kontolosen | |
Die Sparkassen erklären, ab Oktober jedem in Deutschland eine eigene | |
Bankverbindung einrichten zu wollen. Verbraucherschützer sind skeptisch. |