# taz.de -- Von der Bühne auf die Leinwand: Ein Märchen von einem Film | |
> Die Lüneburgerin Franziska Pohlmann hat ihr Theaterstück „Die Krone von | |
> Arkus“ verfilmt. Premiere feierte das Märchen in Emden. | |
Bild: Ausbeuterin: „Diamanz“ Schiija (Marit Persiel), Königin von Arkus. | |
EMDEN taz | Es ist einer der Filme, deren Produktionsgeschichte | |
abenteuerlicher ist als ihr Plot. Vor zwei Jahren hatte Franziska Pohlmann | |
es sich in den Kopf gesetzt, ein von ihr verfasstes Theaterstück zu | |
verfilmen, ein Märchen-Singspiel für Kinder oder, wie man heute sagt, ein | |
„Family Entertainment Fantasy-Musical“. | |
Von Haus aus ist sie Musikerin, und so bilden die Lieder den Kern des | |
Projekts. Ein professioneller Produzent oder Fernsehredakteur hätte ihr | |
wohl geraten, auf die aufwendigen Sing- und Tanznummern zu verzichten - | |
aber Franziska Pohlmann wollte keine Kompromisse schließen. In diesem Sinne | |
ist [1][“Die Krone von Arkus“] lupenreines Autorenkino, zu dem auch der | |
holprige Weg der Finanzierung gehört. | |
Als „kleinen Fisch im Haifischbecken“ bezeichnet die 29-Jährige sich im | |
aktuellen Rundbrief des „Film & Medienbüros Niedersachsen“; schränkt aber | |
auch ein, sie habe „herzliche und weiche Haie“ getroffen. Gerne erzählt sie | |
die Geschichte vom ersten Investment in ihr Projekt: Auf Facebook habe sie | |
herumgefragt, wie man zu Geld könne, ein Schauspieler antwortete, er werde | |
seine „einflussreichen und betuchten Freunde“ bitten. | |
Pohlmann hatte die Chuzpe zu fragen, ob sie diese auch anbetteln dürfe - | |
und bald darauf ihre ersten 15.000 Euro. Danach gründete der | |
Unternehmensberater Heiko Franken die „Gesellschaft der Lüneburger | |
Filmfreunde“, um zu helfen. | |
Auch andere konnten offenbar nur schwer nein sagen, und so bekam sie nicht | |
nur ein äußerst knappes Budget von weniger als 500.000 Euro zusammen, an | |
dem sich die Förderanstalt Nordmedia schließlich mit 50.000 Euro | |
beteiligte. Nein, sie fand in ihrem Wohnort Lüneburg, wo ihre Stücke auch | |
aufgeführt worden waren, viele Unterstützer, die umsonst oder für eine | |
Rückstellung - Geld erst bei Erfolg - arbeiteten. So ist der Märchenfilm | |
zum größten Teil in Lüneburg gedreht worden - und mit örtlichen Nachwuchs- | |
und Laiendarstellern. | |
Hauptdrehort war das Kloster Lüne, einige Szenen wurden in der | |
Baumannshöhle im Harz gefilmt, die Greenscreen-Aufnahmen für die | |
Spezialeffekte entstanden im Studio Hamburg. Am teuersten dürfte das | |
Aufnehmen der Filmmusik gewesen sein: neun Songs, eingespielt vom | |
Filmorchester Babelsberg. | |
Das Gebäudeensemble des Klosters, erbaut Ende des 14. Jahrhunderts, ist | |
eine überzeugende Kulisse für die Märchenstadt Arkus. Ein aufmerksamer | |
Zuschauer merkt zwar schon bald, dass da viele Requisiten vor den gleichen | |
paar Häuserfronten und Mauern herumgeschoben wurden, aber dies wurde so | |
anrührend simpel kaschiert, dass dies dem Film einen gewissen Charme | |
verleiht. | |
Unfreiwillig komisch ist der Film nur einmal: Da tanzt dann eine | |
Seniorengruppe zu den Liedzeilen „Träum den Traum, der in dir lebt, und wir | |
werden lachend über Wiesen gehen“ ganz in weiß über eine mit Luftballons | |
geschmückte Brücke. | |
Und wenn die hungernden Stadtbewohner „Wäre ich ein Millionär“ singen, ist | |
dies natürlich eine nicht ganz koschere Kopie von „Wenn ich einmal reich | |
wär“ aus „Anatevka“ - ansonsten aber sind Spielszenen und Musicalnummern | |
gut geschrieben, kompetent gespielt und solide inszeniert. | |
Die Autodidaktin Franziska Pohlmann beweist, dass sie nicht nur immenses | |
Durchhaltevermögen hat, sondern auch Talent hat - und dennoch gibt es ein | |
Problem mit dem Film: Zumindest bei der „Weltpremiere“ am letzten Samstag | |
auf dem Filmfest Emden verließen von rund 50 Besuchern etwa jeder vierte | |
lange vor dem Ende den Saal . Das dürfte nicht nur daran gelegen haben, | |
dass statt einer richtigen Digitalkopie eine Bluray abgespielt wurde, die | |
Bildqualität also schlechter war. | |
Nein, einem erwachsenen Publikum fallen die Schwächen des Films schnell ins | |
Auge: Die Geschichte von der bösen Königin Schiija, die die Bürger der | |
Stadt Arkus erbarmungslos ausbeutet und auch noch die Kinder auf ihr | |
Schloss verschleppt, weil sie nach dem „reinsten Kind“ und seiner magischen | |
Macht sucht, folgt allzu vorhersehbaren Konventionen. | |
Die Helden sind arme Kinder, die drei Aufgaben erfüllen müssen - das | |
schönste Kleid, die größte Zuckerstange und der schönste Ring wollen | |
gefunden werden -, um die Macht der Königin zu brechen. Das wurde alles | |
schon einfallsreicher erzählt, und die musikalischen Zwischenspiele stoppen | |
immer wieder den Erzählfluss. | |
Aber unter den Zuschauern in Emden waren auch drei Kinder - und die waren | |
so begeistert vom Film, dass sie danach noch unbedingt mit der Regisseurin | |
reden wollten. Insofern war „Die Krone von Arkus“ in der Programmreihe | |
„Neue deutsche Filme“ falsch platziert, hätte sein Publikum wohl eher beim | |
„Kinderfilmfest“ gefunden - und begeistert, denn es stecken viele schöne | |
Einfälle darin. | |
So trägt „Ihre Diamanz“, die böse Königin, einen riesigen Kopfschmuck aus | |
Kristall, den Hollywoods Kostümbildner auch nicht viel eindrucksvoller | |
hätte entwerfen können. Die junge Heldin wiederum hat als Haustier eine aus | |
Pappe gefaltete Schildkröte, die sehr simpel animiert ist und zumindest | |
einen der jungen Premierenbesucher in Erstaunen versetzte. Vor allem aber | |
gelingt Pohlmann eine poetische Märchenstimmung, die Kinder begeistern | |
kann. | |
Auch wenn der Film noch keinen Verleih hat, kündigt Pohlmann nach der | |
enttäuschenden Premiere optimistisch an, „Die Krone von Arkus“ werde im | |
Herbst in die Kinos kommen. Zuzutrauen ist es ihr, und mit einer | |
geschickten Vermarktung als Kinderfilm könnte am Ende doch noch ein | |
märchenhafter Erfolg stehen. | |
11 Jun 2015 | |
## LINKS | |
[1] https://de-de.facebook.com/DieKroneVonArkus | |
## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
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