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# taz.de -- Die Wahrheit: Verschrobene Wichte
> Männer lügen in Kontaktanzeigen von Partnerbörsen automatisch. Ihr
> Suchschema ist einfach und der Misserfolg meist programmiert.
Bild: Wenn Frauen und Männer aufeinandertreffen, kommt in den seltensten Fäll…
Es ist eine tiefe, aber auch bittere Wahrheit: Wer explizit seine inneren
Werte gewürdigt sehen möchte, um dessen äußeren Werte steht es oft nicht
zum Besten. Wer bei Partnerbörsen im Internet eine Frau sucht, bei dem ist
es ähnlich. Manchmal steckt aber auch einfach nur Schüchternheit dahinter
oder die Angst, einen Korb zu kriegen. Oder dass einem, wenn man sich
endlich ein Herz gefasst hat, ein zwei Meter großer Russe von hinten die
Pranken auf die Schultern legt und murmelt, das sei im Übrigen seine
Freundin.
Abgesehen von denjenigen, die einfach dreist das Gegenteil schreiben von
dem, was wahr ist, geben sich die meisten bei der Selbstbeschreibung
richtig Mühe. Eine Studie hat sich mit der Wortwahl in
Online-Kontaktanzeigen befasst. Was zieht Frauen an, und was sorgt dafür,
dass man weniger Rückmeldungen kriegt, als hätte man im Terrorizer, dem
Fachblatt für den durchtätowierten Extreme-Metal-Fan, eine handsignierte
Flippers-CD angeboten?
Das Ergebnis der Studie überrascht kaum. Frauen reagieren auf
Selbstbeschreibungen am stärksten, in den die Worte „Kultur“,
„verlässlich“, „Geborgenheit“, „miteinander“ und „Rotwein“ vor…
Ebenfalls gut sind „Architektur“, „unabhängig“ und „Freunde“. Dami…
ein hoher sozialer Status verbunden.
## Ehrlichkeit wirkt unattraktiv
Frauen suchen keine verschrobenen Wichte in selbstgetöpferten
Tofu-Sandaletten mit Geldproblemen. Frauen suchen kultivierte Vertreter aus
der Oberschicht mit Qualitätsgenen und Kamin. Kann es vor diesem
Hintergrund verwundern, dass eine der Haupterkenntnisse der Studie lautet:
Ehrlichkeit wirkt unattraktiv? Eine grundehrliche Anzeige des Inhalts:
„Eitler und überschätzter Dauergrinser mit mäßiger Intelligenz bei
ausgeprägtem Selbstbewusstsein sucht …“ wird nur dann Erfolg haben, wenn
die Userinnen erkennen, dass es sich um Jörg Pilawa handeln muss.
Anderenfalls drohen null Klicks.
Eine Herausforderung stellt auch die Formulierung dessen dar, wie „sie“
sein sollte. Wichtig zu wissen ist, dass Frauen die Hälfte ihres Einkommens
und ihrer Zeit fürs Aussehen verwenden, aber wegen ihrer inneren Werte
geliebt werden wollen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Männer bei
der Beschreibung ihrer Wünsche möglichst vage bleiben sollten. Keine
körperlichen Details, keine sexualtechnischen Betriebsanleitungen! Es
genügt vollkommen, ein paar positiv besetzte Begriffe einzustreuen, die die
ersehnte Zweisamkeit illustrieren: „Glück“, „genießen“ und „gemeins…
das wirkt wie ein Leimring auf die Raupen des Apfelspinners.
In Wirklichkeit ist das männliche Suchschema natürlich viel einfacher:
Alter und Aussehen sind egal, solange sie nur jung und hübsch ist. Angaben
zum Hobby kann frau sich sparen. Wenn Nadine, 27, blond und gutaussehend,
in ihrer Freizeit gern Socken strickt, dann sieht der Mann vor seinem
geistigen Auge eine junge, gutaussehende Blondine. Wenn hingegen Petra, 54,
eher klein und leicht mollig, gern Socken strickt, sieht er ein Paar
Socken. Der Mann kann nichts dafür. Er ist so. Schon immer. Neu ist, dass
er sein Wesen camouflieren muss – und dass er weiß, wie er dabei am
geschicktesten vorgeht.
## Selbstbeschreibungen mit infantilem Einschlag
Problematisch sind männliche Selbstbeschreibungen mit infantilem Einschlag
wie „Lieber, noch zu Hause wohnender Schmusebär (38) sucht?“ oder „Magst…
Hello Kitty und Andrea Berg auch so sehr wie ich?“, bei denen man ahnt,
dass die Mutti beim Verfassen des Textes beratend zur Seite stand und dass
auch sonst einiges falsch gelaufen ist. Aber letztlich kommt es ja immer
auf die Zielgruppe an. Warum sollte ein 38-jähriger Schmusebär nicht
irgendwann bei Mama (72) aus- und bei seiner Freundin (74) einziehen?
Ganz weit hinten in der Rangliste stehen Begriffe wie „Kampfsport“, „mit
Kumpels abhängen“ und „Tuning“. Auch nur mit Insiderwissen zu
entschlüsselnde Größenangaben zu ausgewählten Körperteilen sowie „geil�…
„diskret“ und natürlich „ficken“ führen geradewegs ins Abseits.
Interessanterweise machen auch Rechtschreibfehler unattraktiv. Die wahre
Misserfolgsformel lautet somit: Schreibfehler plus ficken. Wer alles
richtig falsch machen und dabei nicht zu viele Worte verlieren will, der
schreibt bei Hobby einfach „figgen“, und schon darf er sicher sein, dass er
vergeblich auf eine Antwort warten wird.
Dann sollte man doch lieber auf den Klassiker unter den Kontaktanzeigen
zurückgreifen: „Suche gutaussehende, humorlose Nymphomanin mit eigener
Brauerei.“
Was kann da noch schiefgehen?
10 Jun 2015
## AUTOREN
Robert Niemann
## TAGS
Partnerbörsen
Männer
Großbritannien
Deutsche Fußball-Nationalmannschaft
Sprache
Unterhaltung
Samwer
Bergsteigen
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