# taz.de -- Apple startet Streaming-Musikdienst: Oh ok. | |
> Das Geschäft mit der Musik zum Herunterladen schrumpft. In einem zweiten | |
> Anlauf schreckt Apple nicht davor zurück, sich selbst Konkurrenz zu | |
> machen. | |
Bild: Nicht alle sehen Apple kritisch: CEO Tim Cook inmitten seiner Schäfchen. | |
SAN FRANCISCO dpa | „Oh ok.“ So einsilbig reagierte Daniel Ek, der Gründer | |
des populären Musikstreaming-Dienstes Spotify, auf die Konkurrenz von Apple | |
in einem schnell wieder gelöschten Tweet. Aber auch wenn Ek das vielleicht | |
nicht wahrhaben möchte: Apple wagt tatsächlich einen groß angelegten | |
Neustart im Musikgeschäft und nimmt dabei sogar in Kauf, sich ins eigene | |
Fleisch zu schneiden. | |
Die aktuelle Ausgangslage für Apple in der Musikbranche erinnert an die | |
Situation von Sony in den 80er und 90er Jahren: Mit dem tragbaren | |
Kassettenplayer Walkman dominierten die Japaner damals das Geschäft mit der | |
mobilen Musik und feierten außerdem in der Musikbranche Erfolge mit dem | |
Plattenlabel Sony Music. | |
Doch als mit der Tauschbörse Napster auch in der Musikbranche die | |
Digital-Ära begann, verweigerte sich Sony dem Wandel. Statt auf das gängige | |
Digitalformat MP3 zu setzen, erfanden die Sony-Ingenieure komplizierte | |
Kopierschutz-Verfahren – auch weil die Kollegen von Sony Music Einbußen | |
durch ein offenes Digitalformat befürchteten. Das Ende ist bekannt: Der | |
Walkman verschwand in der Versenkung, während iPod und iTunes maßgeblich | |
zum Wiederaufstieg von Apple beitrugen. | |
Nun wird Apple herausgefordert: Streamingdienste wie Spotify, Deezer, | |
Napster oder Tidal haben sich vorgenommen, den Download von Musik | |
überflüssig zu machen. Und da Apple mit iTunes den Download-Markt | |
dominiert, hat der iPhone-Hersteller bei dieser Trendwende auch am meisten | |
zu verlieren. Doch statt den Kopf in den Sand zu stecken, stellte | |
Apple-Chef Tim Cook mit Apple Music eine hauseigene Alternative zum | |
Goldesel iTunes vor. Wenn schon ein Dienst iTunes das Wasser abgraben soll, | |
dann einer von Apple selbst, lautet die unausgesprochene Devise. | |
## 10 Dollar, 30 Millionen Songs | |
Schaut man sich die Details an, hat der Konzern mit Apple Music das Rad | |
nicht neu erfunden. Vieles hat man in ähnlicher Form auch schon woanders | |
gesehen, wenn vielleicht auch nicht so aufgeräumt und hübsch. Mit seinem | |
Streaming-Angebot wird das Unternehmen in hundert Ländern starten. Für | |
knapp zehn Dollar im Monat bekommen die Kunden einen unbegrenzten Zugriff | |
auf 30 Millionen Songs. Ähnliche Preise verlangen auch Spotify und Co. | |
Für Familien könnte sich Apple Music aber als Schnäppchen erweisen. Statt | |
für jedes einzelne Familienmitglied ein eigenes Abo abschließen zu müssen, | |
bietet Apple für knapp 15 Dollar ein Familien-Paket an, bei dem auch die | |
Musikvorlieben individuell gepflegt werden können. Beim „Family“-Tarif von | |
Spotify muss dagegen jedes zusätzliche Familienmitglied noch den halben | |
Abo-Preis zahlen. | |
Wie der Musikkatalog von Apple Music im Detail aussehen wird, konnten die | |
Apple-Manager am Montag in San Francisco noch nicht sagen, auch weil einige | |
Verhandlungen mit Plattenlabels noch nicht abgeschlossen sind. Angeblich | |
ist es Apple sogar gelungen, Taylor Swift für das Streamingangebot unter | |
Vertrag zu nehmen. Der Superstar lässt bekanntlich seine neuesten Hits bei | |
Spotify und anderen Diensten mit Gratis-Variante nicht abspielen. Die | |
Beatles, die vor Jahren nach langen Verhandlungen im iTunes-Kaufkatalog | |
aufgetaucht waren, sind dagegen wohl nicht dabei. | |
Unter den Streamingdiensten will Apple Music sich vor allem mit | |
geschmackvollen und originellen Playlisten profilieren, die von Menschen | |
gepflegt werden. „Mit einem Algorithmus alleine geht das nicht“, sagte | |
Beats-Mitbegründer Jimmy Iovine, der seit der drei Milliarden Dollar teuren | |
Übernahme von Beats zum Apple-Topmanagement gehört. Von kostenlosen, durch | |
Werbung finanzierten Angeboten will Apple sich auch durch ein weitgehendes | |
Datenschutzversprechen abheben. „Wir werden Ihre Vorlieben nicht für | |
irgendwelche Werbedeals auswerten.“ | |
Zur Musik-Offensive von Apple gehört auch die Netz-Radiostation Beats One, | |
die von Zane Lowe (41) geleitet wird. Der legendäre australische DJ hatte | |
zuvor bei MTV und der britischen BBC Karriere gemacht und war im Frühjahr | |
von BBC Radio 1 zu Apple gewechselt. | |
## „Willkommen, Apple. Ernsthaft“ | |
Nach einer Pleite im ersten Anlauf mit dem Dienst Ping wagt sich Apple nun | |
nochmals auf das schwierige Feld der sozialen Netzwerke. Künstler haben bei | |
„Connect“ die Möglichkeit, die Kontakte zu ihren fans zu pflegen, Fotos zu | |
posten oder noch unveröffentlichtes Material online zu stellen. Seit dem | |
Niedergang des Netzwerks MySpace haben Musiker dafür vor allem Facebook | |
oder Tumblr genutzt. Ob diese Initiative besser ausgeht wie bei Ping, wird | |
sich zeigen. | |
Der Streaming-Dienst Rdio fand eine stilvolle Art, den neuen Rivalen auf | |
dessen Status als Spätstarter hinzuweisen. „Willkommen, Apple. Ernsthaft“, | |
hieß es in einem Rdio-Tweet. Das ist eine Anspielung auf einen | |
Marketing-Gag von Apple aus dem Jahr 1981. Damals begrüßte der PC-Pionier | |
auf ähnliche Weise den Computer-Giganten IBM in seinem Geschäft. | |
„Willkommen, IBM. Ernsthaft“, hieß es in großen Anzeigen. | |
Die Entwickler auf der Konferenz WWDC in San Francisco jubelten am Montag | |
am lautesten, als es um Swift ging: Nicht um die US-Sängerin Taylor Swift, | |
sondern um die von Apple ins Leben gerufene Programmiersprache. Craig | |
Federighi, der Software-Chef bei Apple, kündigte auf der Konferenz an, dass | |
die Version 2 von Swift unter eine Open-Source-Lizenz gestellt wird, auch | |
für das freie System Linux. Es sei optimistisch, dass Swift die Anwendungs- | |
und Systemprogrammierung für die nächsten 20 Jahre bestimmen könnte, sagte | |
Federighi. | |
9 Jun 2015 | |
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