# taz.de -- Oberbürgermeister-Wahl in Dresden: Eine gespaltene Stadt | |
> Die linke Kandidatin Eva-Maria Stange führt nach dem ersten Wahlgang, | |
> insgesamt ist der konservative Block aber stärker. Pegida schafft fast 10 | |
> Prozent. | |
Bild: Kommt da noch was? Nö | |
Dresden taz | Dresden bleibt Dresden und bedient erneut seinen angekratzten | |
politischen Ruf. Bei den Oberbürgermeisterwahlen am Sonntag erreichte die | |
von Pegida nominierte ehemalige Hamburger AfD-Mitbegründerin Tatjana | |
Festerling auf Anhieb 9,6 Prozent. Daraus lässt sich erstmals | |
schlussfolgern, dass jeder zehnte Dresdner mit der islamkritischen und | |
politikfrustrierten Bewegung sympathisiert. AfD-Kandidat Stefan Vogel | |
schaffte 4,8 Prozent. | |
CDU-Kandidat und Innenminister Markus Ulbig landete nur bei mageren 15,4 | |
Prozent. Damit verliert die Union auch ihren letzten OB-Posten in einer | |
sächsischen Großstadt, den bislang Helma Orosz innehatte. | |
Den höchsten Stimmenanteil von 36 Prozent erzielte im ersten Wahlgang die | |
bisherige sächsische Wissenschafts- und Kunstministerin Eva-Maria Stange | |
(SPD). Sie war formal von einem Bürgerbündnis „Gemeinsam für Dresden“ | |
nominiert worden, hatte aber auch die Stadtratsmehrheit von Linken, Grünen, | |
SPD und Piraten hinter sich. | |
Doch nur knapp viereinhalb Punkte hinter ihr liegt der bisherige | |
Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) ein, den das konservative | |
Bündnis „Unabhängige Bürger für Dresden“ aufgestellt hatte. Im | |
erforderlichen zweiten Wahlgang am 5. Juli sieht sich Stange nach | |
derzeitigem Stand trotz ihres Vorsprunges somit einer deutlichen | |
konservativ-rechten Mehrheit gegenüber. | |
## Verhandlungen über Bündnis für Hilbert | |
Wie im Mitte-Links-Lager befürchtet, gibt es erste Anzeichen dafür, dass | |
sich diese bürgerlich-konservativen Kräfte nun gemeinsam hinter Hilbert | |
versammeln. Innenminister Ulbig, der zum zweiten Wahlgang nicht antreten | |
wird, verhandelt bereits am Montag mit Hilbert über ein Bündnis. | |
Der blass, hausbacken und immer ein wenig teddyhaft wirkende | |
Wirtschaftsbürgermeister feierte am Wahlabend das „Superergebnis“. In | |
Anwesenheit seines FDP-Landeschefs Holger Zastrow strich er seine | |
Überparteilichkeit heraus und behauptete, das Bürgerbündnis habe „das | |
Parteiensystem ganz schön aufgemischt“. | |
Seine Ansprache auf der Wahlparty konnte Hilbert nicht beenden, weil | |
Anhänger der Satirepartei „Die Partei“ in minutenlange Hochrufe und in | |
Dauerapplaus ausbrachen. Die von ihr nominierte Dragqueen Lara Liqueur | |
wählten immerhin 2,5 Prozent. | |
Noch längeren Beifall erhielt auf ihrer Wahlparty die | |
Wissenschaftsministerin und ehemalige GEW-Bundesvorsitzende Eva-Maria | |
Stange. Sie möchte in den folgenden Wochen auch bisherige Ulbig-Wähler aus | |
dem Dresdner Kulturbürgertum gewinnen. Hier sieht auch ihr Wahlkampfteam | |
Reserven. Kulturaffinen Bürgern fiel die Entscheidung schwer, weil Stange | |
auch als Kunstministerin sachsenweit einen hervorragenden Ruf genießt. | |
Viele wünschen, dass sie im Ministeramt verbleibt. | |
## Nach Ortsteilen gespalten | |
Am Wahlergebnis fällt auf, dass Dresden bereits eine nach Ortsteilen | |
zutiefst gespaltene Stadt ist. Während Stange in der aufgeklärten Neustadt | |
drei Viertel der Stimmen erhielt, votierten in der Plattenbausiedlung | |
Gorbitz 28,5 Prozent für die Pegida-Kandidatin Festerling. Auf diese | |
Mobilisierung bisheriger Nichtwähler ist wahrscheinlich die auf 51,1 | |
Prozent leicht gestiegene Wahlbeteiligung zurückzuführen. | |
Während der Wahlausgang in der Landeshauptstadt offen ist, bleibt das | |
„flache Land“ in Sachsen eine Domäne der CDU. Bei den parallel | |
stattfindenden Landratswahlen errang sie mit teils deutlichem Vorsprung | |
alle zehn Posten. | |
8 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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