| # taz.de -- Angela Merkel beim Kirchentag 2015: Im analogen Sonnenschein | |
| > Übers Internet diskutieren sollte die Kanzlerin. Sie tat das überraschend | |
| > informiert – der Rest des Podiums machte es ihr allerdings leicht. | |
| Bild: Die Diskussion hatte ein wenig Schieflage: Angela Merkel beim Kirchentag. | |
| Stuttgart taz | Klar, eine Rede hat Angela Merkel auch gehalten – 20 | |
| Minuten, pro forma. „Digital und klug?“ war das Thema ihrer Veranstaltung | |
| beim Kirchentag in Stuttgart. Dementsprechend sprach sie von der Industrie | |
| 4.0 und von den Regeln, die es im Internet braucht. Auch davon, dass man in | |
| Deutschland aufpassen müsse, nicht abgehängt zu werden im Umgang mit dem | |
| Netz. Alles wichtig und dringlich und so. Inhaltlich trotzdem Kiloware. | |
| Wesentlich interessanter war die Kanzlerin in der Podiumsdiskussion danach. | |
| Vor den 9.000 Besuchern in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle gab sie – wer | |
| hätte es gedacht – die beste Figur ab. Unaufdringlich charmant, teilweise | |
| sogar keck. Und sie zeigte, dass sie das Internet wesentlich besser | |
| versteht, als es manchmal scheint (Stichwort: „Neuland“). | |
| Deutlich wurde das, als sie betonte, wie sehr das Internet unser Verhältnis | |
| zu Eigentum verändert. Als sie unterstrich, dass künftige Arbeitsbiografien | |
| massiv davon abhängen werden, wann und mit welcher Intensität | |
| Heranwachsenden das nötige Netzwissen beigebracht wird. | |
| Ihre Gesprächspartner machten es Merkel aber auch einfach. Petra Grimm vom | |
| Institut für Digitale Ethik in Stuttgart zum Beispiel: Abgesehen davon, | |
| dass sie mit jedem ihrer Beiträge eine mittelgroße Menschentraube aus der | |
| Halle langweilte, forderte sie so blödsinniges Zeug wie ein | |
| öffentlich-rechtliches Facebook. Träumte von Social-Media-Plattformen, die | |
| keinen Datenhandel betreiben – auch die Kanzlerin räumte ein, dass sich | |
| dafür kaum attraktive Angebote gewinnen ließen. | |
| ## Sie weiß, wie sie die Leute für sich gewinnt | |
| Von Publikumsfragen ließ Angela Merkel sich nicht in die Enge treiben. Auch | |
| nicht von jenen nach [1][der Vorratsdatenspeicherung]. Selbstverständlich | |
| weiß sie, wie sie die Leute für sich gewinnt. Wie sie kritische Fragen mit | |
| einer mild-flapsigen Antwort in die Gegenrichtung drehen kann. Und es könne | |
| nun mal nicht angeben, dass Bürger ihre Daten bereitwillig jedem | |
| Unternehmen geben, ihr Kaufverhalten durchleuchten lassen, dem Staat ihre | |
| Informationen aber verwehren. Starker Beifall, genau, so kann man‘s ja auch | |
| sehen. | |
| Von den anderen Diskutanten war nicht viel zu hören. Besonders bräsig: | |
| Harald Lesch. Gewöhnlich ist der Philosoph, Physiker und Fernsehmoderator | |
| ein erfrischender Denker, diesmal nicht. Mit heimatfilmkompatiblen | |
| Allgemeinplätzen warf er um sich. Dass ein Sonnenaufgang in echt anders | |
| aussehe als im Netz. Dass wir das Ergebnis einer biologischen Evolution | |
| seien. Ja ja, bla bla. | |
| Das Publikum klatschte artig. Raus mit euch, wollte man schreien. Raus in | |
| euren analogen Sonnenschein. | |
| 5 Jun 2015 | |
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| ## AUTOREN | |
| Josef Wirnshofer | |
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