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# taz.de -- Rauchverbot in China: Rauchern das Qualmen vermiest
> In keinem Land wird so viel geraucht wie in der Volksrepublik. Dagegen
> geht die Regierung in Peking nun in aller Schärfe vor.
Bild: Köche und Kellner zerstören wegen des Rauchverbots alle Aschenbecher ei…
PEKING taz | Wer in China zum Essen eingeladen wurde, weiß: Ein Nein wird
nicht akzeptiert. Kaum ist der erste Gang serviert, bietet der Gastgeber
allen männlichen Anwesenden eine Kippe an. Deren Marke ist sehr relevant.
Ist es eine „Suyan“, die teure „Hongtan Shan“ oder gar die Luxusmarke
„Nanjing“? Denn die Zigarettenmarke sagt viel darüber aus, welchen
Stellenwert der Gastgeber den Gästen und dem Anlass beimisst. Rauchen ist
in China Ausdruck für Status, Freundschaft und Heimatbewusstsein.
Geht es nach dem Willen von Pekings Stadtverwaltung, ist es damit ab sofort
vorbei. Zwar gibt es in China schon seit einigen Jahren ein Rauchverbot in
Restaurants. Doch daran hat sich bislang kaum einer gehalten.
Mit einem der strengsten Gesetze der Welt dehnt die Pekinger Stadtführung
ab dem 1. Juni das Verbot auch auf Hotels, öffentliche Verkehrsmittel,
Büros und sämtlichen Arbeitsstätten aus. Ausnahmen soll es keine geben. Das
heißt: Selbst extra abgetrennte Raucherräume sind nicht erlaubt. Verboten
sind zudem Tabak-Werbung, Verkaufsaktionen sowie Sponsoring.
## Der Staat hat gut mit verdient
Auch die Geldstrafe haben Pekings Stadtobere drastisch angehoben. Sie lag
bislang bei 10 Yuan, das entspricht 1,50 Euro. Nun müssen Raucher bei
Verstoß 20-mal so viel zahlen. Anders als bisher werden auch die
Restaurantbesitzer belangt: Ihnen drohen Strafen bis zu mehreren Tausend
Euro. „Das verspricht mehr Erfolg“, sagt Bernhard Schwartländer, Pekinger
Vertreter der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Er begrüßt die Maßnahmen.
Er hält das Rauchen für schlimmer als Pekings Smog.
Die Maßnahmen der Pekinger Stadtverwaltung nehmen allerdings zum Teil
groteske Züge an. So bekommen Schüler und Angestellte seit Wochen spezielle
Handzeichen beigebracht, die Mitmenschen zum Nichtrauchen auffordern
sollen. Die ausgestreckte linke Hand heißt: Bitte hören sie auf.
Selbst zur Denunziation wird ermutigt: Auf einer speziellen
Regierungswebseite sollen Bürger illegale Raucher anschwärzen können. Wer
dreimal beim Verstoß gegen das Nichtrauchergesetz erwischt wird, dessen
Name wird samt Foto für einen Monat auf dieser Webseite aufgelistet.
## 360 Millionen Raucher
In keinem Land wird so viel geraucht wie in der Volksrepublik. 360
Millionen der insgesamt 1,3 Milliarden Chinesen rauchen. Und es sind vor
allem Männer. 57 Prozent der männlichen Bevölkerung greift regelmäßig zur
Kippe. Anders als inzwischen in Deutschland ist Rauchen im Reich der Mitte
auch nicht verpönt. Nichtraucher setzen sich denn auch kaum zur Wehr. Rund
740 Millionen Menschen sind regelmäßige Passivraucher, darunter 182
Millionen Kinder.
Der Staat hat lange Zeit wenig Anlass gesehen, gegen dieses Laster
vorzugehen. Denn er hat kräftig daran verdient. Sämtliche chinesischen
Tabakkonzerne sind in Staatsbesitz, zusammengefasst in der China National
Tobacco Corporation (CNTC). Die beschert der Zentralregierung florierende
Einnahmen. Chinas Tabakindustrie trägt zu jährlich rund sieben Prozent der
Staatseinnahmen bei.
Zugleich gibt es eine Tabakmonopolbehörde. Die kontrolliert allerdings
nicht nur die Gewinne aus dem Zigarettengeschäft, sondern ist bislang auch
für die Gesundheitskampagnen zuständig gewesen, die über die Gefahren des
Nikotinkonsums aufklären sollten.
„Kein Wunder, dass die Kampagnen nur halbherzig durchgeführt wurden“, sagt
Wu Ming, Experte für Gesundheitspolitik an der Peking Universität. Künftig
wird das Gesundheitsministerium für die Einhaltung des Rauchverbots
zuständig sein. Und die Gesundheitsinspekteure, so ist sich Wu Ming sicher,
„werden sehr viel weniger zimperlich vorgehen“.
1 Jun 2015
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
KP China
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