# taz.de -- Grönland möchte in die Fifa: Knöcheltief im Schlamm | |
> Sepp Blatter? Uns doch wurscht, denken sich die Grönländer und möchten | |
> Mitglied der Fifa werden. Aber das ist gar nicht so einfach. | |
Bild: Idyllisch: Fußballerinnen spielen vor schöner Kulisse in Illulisat/West… | |
Stockholm taz | Fußballspielen auf Grönland kann recht abenteuerlich sein. | |
Das musste zum Beispiel „Le Variétés Club de France“ erfahren, eine aus | |
Medienpromis und Exprofis zusammengesetzte Mannschaft. Als sie im Mai 2014 | |
in Nuuk zu einem Match gegen eine dortige Auswahl antrat, war das beste | |
Spielfeld der grönländischen Hauptstadt von tiefen Reifenspuren zerfurcht | |
und so vom Schmelzwasser überschwemmt, dass die Spieler bis zu den Knöcheln | |
versanken. | |
„Ich habe nie unter schlechteren Verhältnissen gespielt“, versicherte der | |
ehemalige kamerunische Nationalspieler Aimé-Romarin Billong einer Zeitung, | |
nachdem die französische Elf das Match mit 10:0 gewonnen hatte. John | |
Thorsen, Vorsitzender der grönländischen Ballsport-Union Kalaallit Nunaanni | |
Arsaattartut Kattuffiat (GBU), gesteht: „Es war so peinlich, ich schäme | |
mich noch heute.“ | |
Doch das ist geschmolzener Schnee von gestern. Thorsen und seine GBU | |
arbeiten nun daran, dass die Fußballer der Arktis-Insel endlich auf | |
internationaler Ebene mitspielen dürfen. Als eines der letzten Länder der | |
Erde ist nämlich Grönland mit seinen 55.000 Einwohnern bislang noch nicht | |
Mitglied eines internationalen Fußballverbands. | |
Das Ziel ist eine Mitgliedschaft in der europäischen Uefa – und bis | |
spätestens 2020 in der Fifa. An einem Aufnahmeantrag für die Uefa wird | |
gearbeitet und außerdem will man eine ordentliche Infrastruktur auf die | |
Beine zu stellen. „Klar sind wir noch Amateure ohne richtige Spielplätze“, | |
sagt Thorsen: „Aber das lässt sich ja ändern.“ | |
## Bessere Plätze, Spiele und Trainer | |
Ein Partnerschaftsabkommen mit dem Fußballverband des Mutterlands, der | |
Dansk Boldspil-Union (DBU) soll nicht nur für bessere Plätze, Spiele und | |
Trainer sorgen, sondern auch helfen, die Tür zu einer Uefa-Mitgliedschaft | |
zu öffnen. „Wir stehen voll hinter den Grönländern“, verspricht | |
DBU-Vorsitzender Jesper Møller: „Aber es ist klar, dass da noch einige | |
Bedingungen erfüllt sein müssen.“ Møller-Vorgänger Allan Hansen, der dem | |
Uefa-Exekutivkomitee angehört und vor vier Jahren eine Mitgliedschaft | |
Grönlands „in absehbarer Zeit“ ausgeschlossen hatte, steht einem möglichen | |
Uefa-Mitglied Grönland nun positiv gegenüber: „Uefa und Fifa sind flexibler | |
geworden.“ Gerne werde man der Insel auch wirtschaftlich unter die Arme | |
greifen. | |
Die höchste formale Hürde: 2001 beschlossen die internationalen | |
Fußballverbände vor allem auf Betreiben Spaniens eine Klausel, wonach neue | |
Bewerberländer von den Vereinten Nationen als unabhängige Staaten anerkannt | |
sein müssten. Damit hoffte Madrid ursprünglich, eine Mitgliedschaft | |
Gibraltars stoppen zu können. Was aber nicht gelang, weil der | |
internationale Sportgerichtshof Cas entschied, dass diese Klausel keine | |
rückwirkende Kraft entfalten konnte. Und die Felsenhalbinsel hatte sich | |
schon 1997 beworben. | |
Dafür sitzt nun Grönland mit dem Schwarzen Peter da: Eine Unabhängigkeit | |
liegt nämlich noch in weiter Ferne. Erstmals beworben hat man sich zwar | |
schon in den 90er Jahren. Doch anders als die ebenfalls zu Dänemark | |
gehörenden Färöer – die „Schafsinseln“ waren schon 1988 Fifa-Mitglied | |
geworden – blieb man damit in der Vergangenheit ohne Erfolg. | |
## Inoffizielle Nationalmannschaft | |
Eine inoffizielle Nationalmannschaft hat man allerdings trotzdem: | |
Beispielsweise spielte die 2001 unter ihrem damaligen mit einem | |
Robben-Jagdrecht entlohnten Trainer, dem Ex-Werderaner Sepp Piontek, gegen | |
Tibet und gewann 4:1. Und 2006 nahm man in Hamburg am vom FC St. Pauli | |
organisierten „Fifi Wild Cup“ teil. | |
Formaljuristische Uefa-Beitrittshindernisse seien irgendwie überwindbar, | |
glaubt Allan Hansen. Die faktischen Sportbedingungen seien entscheidender. | |
Fußball ist zwar die populärste Sportart auf der größten Insel der Welt, | |
doch wird bislang vorwiegend in der Halle gekickt. Neben Sandplätzen gibt | |
es nur eine 2010 mit Fifa-Hilfe angelegte Kunstgrasbahn, die aber nicht die | |
internationalen Vorgaben erfüllt. | |
Im schneefreien Sommervierteljahr haben die knapp 6.000 lizenzierten | |
SpielerInnen, die in mehr als einem Dutzend Klubs organisiert sind, deshalb | |
nur höchst eingeschränkte Outdoor-Spielmöglichkeiten. Für internationale | |
Begegnungen müsste man mindestens ein nationales Stadion mit Kunstrasen | |
haben. Ein überdachter Platz sollte es am besten sein, meint John Thorsen. | |
1 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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