# taz.de -- Nach Korruptionsskandal bei der Fifa: Blatter will wohl irgendwann … | |
> Eine Pressekonferenz hatte die Fifa angekündigt. Ganz unspektakulär. Doch | |
> ganz überraschend heißt es jetzt: Blatter gibt auf. Zum Jahresende. Oder | |
> im März 2016. | |
Bild: Joseph Blatter kündigt an, die Fifa-Bühne zu verlassen | |
Zürich dpa | Joseph Blatter gibt auf! In einer kurzen Rede formulierte er | |
die Worte, die selbst im Sumpf der andauernden Korruptionsvorwürfe an | |
seinen Verband niemand erwartet hatte: Der 79 Jahre alte Schweizer will als | |
Präsident des Fußball-Weltverbandes zurücktreten. „Ich habe ernsthaft über | |
meine Präsidentschaft nachgedacht und über die vierzig Jahre, in denen mein | |
Leben untrennbar mit der Fifa und diesem großartigen Sport verbunden | |
gewesen ist“, sagte Blatter in französischer Sprache. Durch die Wahl am | |
vergangenen Freitag habe er noch einmal das Mandat durch die | |
Fifa-Mitglieder bekommen, „aber ich habe das Gefühl, dass ich nicht das | |
Mandat der gesamten Fußball-Welt habe. „Daher habe ich entschieden, mein | |
Mandat bei einem außerordentlich Kongress niederzulegen.“ | |
Blatter wirkte relativ gefasst, auch wenn die Tragweite dieser Entscheidung | |
riesig ist. Kämpferisch hatte er sich noch bei seiner fünften Wiederwahl | |
gegeben. Zuversichtlich wollte er ungeachtet der Festnahmen und Anklagen | |
gegen hochrangige Funktionäre weitermachen. Dieser Skandal, bei dem vor | |
allem die US-Justiz ermittelt, war nun aber doch zu viel. | |
„Ich habe Domenico Scala gebeten, die Einführung und Umsetzung dieser und | |
anderer Maßnahmen zu beaufsichtigen“, erklärte Blatter – Scala ist bisher | |
Chef der Compliance-Kommission. | |
„Es ist meine tiefe Sorge um die Fifa und ihrer Interessen, die mich zu | |
dieser Entscheidung veranlasst hat“, sagte Blatter am Ende seiner Rede. | |
„Ich möchte denen danken, die mich immer unterstützt haben in konstruktiver | |
und loyaler Weise als Präsident der Fifa“, betonte Blatter. 1998 hatte er | |
den Posten übernommen. | |
## Mindestens vier Monate Vorbereitung | |
Sein Nachfolger als Fifa-Präsident soll voraussichtlich bei einem | |
Sonderkongress des Weltverbands zwischen Dezember 2015 und März 2016 | |
gewählt werden. Diesen Zeitraum nannte Scala nach Blatters | |
Rücktrittsankündigung. Gemäß Statuten des Weltverbands seien mindestens | |
vier Monate zur Vorbereitung eines Wahlkongresses notwendig. Der nächste | |
reguläre Fifa-Kongress ist erst für den 12. und 13. Mai 2016 in | |
Mexiko-Stadt vorgesehen. „Dies wurde eine unnötige Verzögerung bedeuten“, | |
sagte Blatter. | |
Seine Entscheidung war ungeachtet der erneuten Zuspitzung der Ereignisse am | |
Dienstag völlig unabsehbar. Nur wenige Medienvertreter hatten es überhaupt | |
zu der Pressekonferenz in Zürich geschafft, nachdem sie gut eine Stunde vor | |
dem geplanten Beginn erst angekündigt worden war. Nach einer | |
dreiviertelstündigen Verspätung hatte Kommunikationschef Walter De Gregorio | |
das Wort an Blatter übergeben. | |
## 10 Millionen Dollar überwiesen | |
Viel hatten schon damit gerechnet, dass die Zukunft von Generalsekretär | |
Jérôme Valcke bei der Fifa gefährdet wäre. Die New York Times hatte am | |
Dienstag berichtet, dass die US-Ermittler der Ansicht seien, Valcke sei | |
„der hochrangige Fifa-Offizielle“, der 2008 zehn Millionen Dollar von einem | |
Fifa-Konto in der Schweiz auf ein US-Konto überwiesen habe. | |
Das Geld landete auf Konten, die vom früheren Fifa-Vizepräsidenten und | |
CONCACAF-Chef Jack Warner kontrolliert worden sein sollen. Warner wird | |
organisierte Kriminalität, Korruption und Geldwäsche vorgeworfen. Der | |
Funktionär war in seinem Heimatland Trinidad und Tobago in der vorigen | |
Woche nach einem Gerichtstermin gegen eine Kaution von 2,5 Millionen Dollar | |
auf freien Fuß gesetzt worden. Das US-Justizministerium hat seine | |
Auslieferung beantragt. | |
Laut der New York Times sei in der Anklage der US-Justiz allerdings nicht | |
die Rede davon, dass der Offizielle gewusst habe, dass das Geld für | |
Bestechung verwendet worden sei, hieß es weiter. Valcke sei auch nicht als | |
Mitbeschuldigter genannt. Weder Valcke noch andere aktuelle Mitglieder der | |
Fifa-Führung seien „an der Initiierung, der Bewilligung und Ausführung“ | |
beteiligt gewesen, teilte die Fifa mit. | |
## Südafrika weist Bestechung zurück | |
Südafrika hatte im Zusammenhang mit der Zahlung Bestechungsvorwürfe rund um | |
die Vergabe der WM 2010 vehement zurückgewiesen. Die Fifa erklärte zudem, | |
die Überweisung der zehn Millionen Dollar sei vom damaligen Vorsitzenden | |
des Finanzkomitees, des mittlerweile gestorbenen Argentiniers Julio | |
Grondona, genehmigt und gemäß der eigenen Regularien vorgenommen worden. | |
Dass Valcke von dem Vorgang gewusst habe, sei ein normaler Vorgang, | |
erklärte ein Fifa-Sprecher. | |
Die Zahlung von zehn Millionen Dollar sei von der Regierung Südafrikas und | |
vom südafrikanischen Fußball-Verband genehmigt worden, um ein Projekt für | |
die Unterstützung der afrikanischen Diaspora in der Karibik zu finanzieren, | |
hieß es in einer Mitteilung. | |
Unabhängig von neuen Enthüllungen oder Dementis: Das öffentliche Bild der | |
Fifa bleibt verheerend. 88 Prozent der Deutschen halten Korruption im | |
Weltverband für „wahrscheinlich“. 81 Prozent davon sind überzeugt, dass | |
Fifa-Präsident Joseph Blatter persönlich verwickelt ist oder war. | |
Das ist das Ergebnis einer yougov-Umfrage unter 1.006 Teilnehmern, die von | |
Freitag bis Sonntag durchgeführt wurde. Nun hat Blatter den Weg für eine | |
neue Zukunft der Fifa freigemacht. | |
2 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Jens Marx | |
Wolfgang Müller | |
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