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# taz.de -- Angebliche Gewalt gegen Polizei: Gorleben bekommt blauen Fleck
> Polizei und Innenminister deuten größtenteils friedlichen Protest zur
> „Gewaltorgie“ um. Eine Initiative spricht von „aufgebauschten
> Ferndiagnosen“.
Bild: Sehen sich als Opfer gewalttätiger Attacken: Polizisten in Gorleben.
Göttingen taz | Die Pressemitteilung las sich beinahe wie ein Frontbericht:
Freitagnacht verbreitete die Polizeiinspektion Lüneburg, an den Gorlebener
Atomanlagen habe es „massive Sachbeschädigungen und Angriffe auf
Polizeibeamte“ gegeben. Ein Maschendrahtzaun sei auf 150 Metern Länge
niedergerissen, Beamte seien „massiv mit Farbbeuteln beworfen“, ein
Polizist sei im Gesicht verletzt worden. Demonstranten hätten Schilder,
Schutzhütten, weitere Zäune und Einsatzfahrzeuge beschädigt.
„Mit Einbrechen der Dunkelheit griffen Randalierer Polizeibeamte massiv mit
Pyrotechnik an“, heißt es weiter. „Parallel wurde an verschiedenen Stellen
im angrenzenden Wald Feuer gelegt. Dieses sowie ein Brand im
Eingangsbereich wurden durch die Polizei gelöscht.“
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) meldete sich tags
darauf: „Das war purer Polizeihass und blinde Zerstörungswut ohne Rücksicht
auf Verluste“, sagte er. Ganz bewusst sei mit Pyrotechnik auf die Beamten
geschossen worden, um sie schwer zu verletzen. Die Polizei werde genau
untersuchen, wer hinter der sehr gut organisierten Gewaltorgie stecke.
Was war geschehen? Tausende Besucher der [1][“Kulturellen Landpartie“]
feierten am Freitag ein politisches Volksfest im Gorlebener Wald. Kinder
enterten das aufgebockte Greenpeace-Schiff „Beluga“, Robin Wood bot
Kletterkurse an und die Bäuerliche Notgemeinschaft kostenlose
Treckerfahrten, die „Meiselgeier“ spielten Rock aus den 70ern,
Wendland-Bräu und Bio-Pizza wurden gereicht.
## Frisbee und Feuertonne
Unter dem Beifall Umstehender entfernten einige Dutzend Aktivisten
nachmittags einen Teil des Zaunes um das Erkundungsbergwerk, schoben später
auch das Eisentor dahinter ein Stück zur Seite. Auf eine heranstürmende
Gruppe junger Polizisten flogen Farbeier – ein einziger blauer Fleck an der
Mauer zeugte später von dem Bombardement.
Hunderte flanierten entspannt über das Gelände, spielten Frisbee,
jonglierten oder bemalten den dunklen Asphalt. Der erwähnte „Brand im
Eingangsbereich“ war eine kleine Feuertonne, das Feuerwerk immerhin gab es
– gezündet im Dunkeln von Unbekannten. Die Bürgerinitiative Umweltschutz
Lüchow-Dannenberg weist Pistorius Äußerungen als „aufgebauschte
Ferndiagnose“ zurück. Durch seine „verbale Gewaltorgie“ habe der Minister
aber unfreiwillig den politischen Charakter der Veranstaltung betont.
„Gorleben ist immer noch Favorit bei der Endlagersuche“, so BI-Sprecher
Wolfgang Ehmke, „und viele Menschen reiben sich daran, dass die Festung
nicht zurückgebaut wird.“ Auf der anderen Seite legte die Gewerkschaft der
Polizei noch einmal nach. Die Einsatzkräfte seien noch glimpflich
davongekommen, so der GdP-Landesvorsitzende Dietmar Schilff, „denn
insbesondere die massiven Angriffe mit Pyrotechnik auf Polizistinnen und
Polizisten zeugen von einer erschreckenden Dimension der Gewalt“.
26 May 2015
## LINKS
[1] http://www.kulturelle-landpartie.de/
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Gorleben
Protest
Atommüllendlager
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Wendland
Polizei
Flüchtlinge
Fracking
Greenpeace
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