# taz.de -- Die wichtigsten Fragen zum Mediaspree-Bürgerentscheid: Mediaspree … | |
> Am Sonntag können die gut 180.000 Menschen im Berliner Bezirk | |
> Friedrichshain-Kreuzberg darüber abstimmen, wie es mit dem Neubauquartier | |
> Mediaspree weitergehen soll. Die taz beantwortet die wichtigsten Fragen. | |
Bild: Eine Initiative sieht rot: Computersimulation der Mediaspree-Gegner | |
Was bedeutet eigentlich Mediaspree? Mediaspree ist der Name für das neue | |
Stadtquartier, das im Osten Berlins auf beiden Seiten der Spree entstehen | |
soll. Die rund 180 Hektar liegen zum Teil brach oder werden - wie die | |
Fläche hinter den Mauerresten der East Side Gallery - als Partystrände | |
genutzt. Bereits gebaut sind etwa die O2-Arena und die Ver.di-Zentrale an | |
der Schillingbrücke. Die Medienkonzerne Universal und MTV nutzen Altbauten | |
an der Oberbaumbrücke. Nach Angaben der Investoren arbeiten bereits 15.000 | |
Menschen in den Gebäuden. Weitere Ansiedlungen sind fest geplant, für | |
einige Flächen hat sich auch noch kein Investor gefunden. | |
Worüber können die Friedrichshainer und Kreuzberger am Sonntag abstimmen? | |
Die Initiative "Mediaspree versenken" befürchtet, dass durch das | |
Großprojekt die bisherigen Brachflächen zu Kommerzzonen werden, die Mieten | |
im Kiez steigen und die jetzigen Bewohner vertrieben werden. Daher soll | |
erstens zwischen Spree und den Neubauten eine 50 Meter breite Grünfläche | |
für die Bürger bleiben. Außerdem sollen keine neuen Hochhäuser entstehen. | |
Kann der Bezirk diese Forderungen umsetzen? Die Grundstücke an der Spree | |
gehören nicht dem Bezirk, sondern einzelnen Investoren. Um die Forderungen | |
umzusetzen, müsste der Bezirk nach eigener Schätzung 160 Millionen Euro | |
Entschädigung zahlen. Der Bezirk kann jährlich aber nur über rund 50 | |
Millionen Euro frei verfügen. | |
Was sagt die Bezirkspolitik? Die Grünen mit ihrem Bezirksbürgermeister | |
Franz Schulz lehnen die Forderungen ab, ebenso die Linke, FDP und CDU. Sie | |
argumentieren, der Bezirk wäre finanziell ruiniert, käme er den Forderungen | |
nach. Auf Jahre hinweg müsste man etwa bei Jugendfreizeiteinrichtungen, | |
Büchereien oder den Hilfen für sozial Schwache sparen. | |
Und wie will die Bürgerinitiative ihre Pläne finanzieren? Die Initiatoren | |
des Bürgerbegehrens wollen, dass der Bezirk die Investoren nicht mit Geld | |
entschädigt, sondern mit Grundstücken. Der Bezirk behauptet jedoch, er habe | |
keine geeigneten Grundstücke für so einen Tausch. Alle | |
Vermittlungsgespräche sind gescheitert. | |
Wie ist die Position der SPD? Die Parteispitze im Bezirk ist den | |
Forderungen der Initiative deutlich entgegengekommen. Die Fachleute in der | |
Fraktion lehnen das ab und kritisieren die Entscheidung ihrer Partei | |
heftig. Der Bezirksverordnete Ersin Uluç wechselte aus Protest gar zu den | |
Grünen und begründete dies mit der "populistischen Wende, die die SPD in | |
den vergangenen Wochen beim Thema Spreeufer hingelegt hat", Auch die | |
SPD-Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer stellt sich gegen den | |
Bezirksvorstand ihrer Partei und unterstützt die Position des Bezirksamts. | |
Was bedeuten die drei Fragen auf dem Stimmzettel? Für die Verwirrung sind | |
die Grünen verantwortlich. Als klar war, dass sich das Bürgerbegehren nicht | |
verhindern ließ, haben sie mit den Linken im Bezirksparlament beschlossen: | |
Die Bürger können nun über zwei Forderungspakete abstimmen. Auf dem | |
Wahlzettel steht oben unter "A" zuerst der Text der Bürgerinitiative, neben | |
dem die Bürger "ja" oder "nein" ankreuzen können. Der zweite Text unter "B" | |
liest sich ähnlich, kommt aber vom Bezirksparlament. Diese Variante fordert | |
nur das, was der Bezirk ohnehin schon macht. Weitergehende Forderungen soll | |
das Bezirksamt "nur insoweit verfolgen, als dadurch keine Entschädigungen" | |
zu zahlen sind. Auch hier können die Bürger mit Ja oder Nein abstimmen. Die | |
dritte Frage: Wenn eine Mehrheit sowohl für A als auch für B ist, welches | |
von beiden soll dann gelten? | |
Wer muss wie abstimmen? Wer die Forderungen der Initiative "Mediaspree | |
versenken" unterstützt, muss bei der ersten Frage mit Ja stimmen, kann bei | |
der zweiten Frage ebenfalls mit Ja stimmen und muss - ganz wichtig - bei | |
der dritten Frage mit A stimmen. Wer dagegen die Position des Bezirksamtes | |
unterstützt, muss bei der ersten Frage mit Nein stimmen, bei der zweiten | |
Frage mit Ja und bei der dritten Frage mit B. | |
Ist das Ergebnis der Abstimmung bindend? Die Abstimmung hat Erfolg, wenn 15 | |
Prozent der Bezirksbürger zur Urne gehen und die Mehrheit für die | |
Forderungen der Initiative stimmt. Es ist aber umstritten, ob sich der | |
Bezirk an das Ergebnis halten muss. Denn die Bürger dürfen nicht über alle | |
Fragen per Abstimmung bindend entscheiden - für das Baurecht gilt eine | |
Ausnahme. Bürgermeister Schulz meint, diese Ausnahme würde hier greifen. | |
Der Bürgerentscheid-Experte Michael Efler vom Verein Mehr Demokratie | |
glaubt, zumindest ein Teil der Forderungen sei bindend - allerdings sei die | |
Rechtslage noch nicht geklärt. | |
Und was kann der Senat machen? Der Senat kann die Planung bei bedeutenden | |
Bauprojekten wie Mediaspree jederzeit an sich ziehen. Dann ist der Bezirk | |
aus dem Spiel, und auch der Bürgerentscheid gilt nicht mehr. | |
12 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
Kristina Pezzei | |
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