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# taz.de -- Klage vor Europäischem Gerichtshof: Umweltschützer wollen Amflora…
> Die Zulassung der Gentech-Kartoffel Amflora in der EU sei illegal
> gewesen, glauben der BUND und 40 weitere Organisationen. Sie wollen die
> Lizenz vor dem Europäischen Gerichtshof anfechten.
Bild: Anbau unerwünscht: Umweltschützer wollen gegen die EU-weite Zulassung d…
BERLIN taz | Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und etwa 40 andere
Organisationen wollen vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Zulassung
der gentechnisch veränderten Kartoffel Amflora klagen. Die Grundlage hat
das Netzwerk "Aktion GEN-Klage" bereits gelegt: Mitte April habe ein
Mitgliedsverband Widerspruch gegen die Erlaubnis der EU-Kommission
eingelegt, Amflora zu kommerziellen Zwecken anzubauen. Aller
Wahrscheinlichkeit nach wird die Behörde in Brüssel den Einspruch ablehnen.
"Dann können wir voraussichtlich im Oktober gegen die Kommission vor
Gericht ziehen", sagte GEN-Klage-Rechtsberater Christoph Palme am Dienstag
in Berlin.
Die Umweltschützer gehen davon aus, dass Amflora die Gesundheit gefährden
könnte. Denn der Chemiekonzern BASF hat für die Amflora-Entwicklung
Kartoffeln gentechnisch nicht nur so verändert, dass deren Stärke leichter
bei der Produktion von Papier, Sprühbeton und Garn eingesetzt werden kann.
Die Biochemiker haben den Kartoffeln auch ein Gen eingepflanzt, das sie
gegen die Antibiotika Kanamycin und Neomycin unempfindlich macht. Diese
sogenannten Marker waren notwendig, um Amflora-Zellen im Labor von normalen
Kartoffeln zu unterscheiden. Kritiker befürchten aber, dass sich die
Antibiotika-Resistenz auf Bakterien überträgt. Dann ließen sie sich nicht
mehr mit den beiden Medikamenten bekämpfen.
Trotz dieser Bedenken gab die EU-Kommission Anfang März die Genehmigung für
Amflora. Vor allem für den Einsatz in der Industrie, aber auch als
Speisekartoffel und Tierfutter ist Amflora erlaubt: Bis zu einem Anteil von
0,9 Prozent am jeweiligen Produkt, wie es im Beschluss der Kommission
heißt. "Unter dieser Grenze muss Amflora noch nicht einmal gekennzeichnet
werden", sagt BUND-Chef Hubert Weiger.
All das halten die Aktivisten für illegal. In ihrem Widerspruch gegen die
Zulassung argumentieren sie vor allem mit der Freisetzungsrichtlinie der
EU, die das Zulassungsverfahren regelt. "Sie verbietet seit 2004
Genpflanzen mit Antibiotika-Resistenz-Markern", erklärt Jurist Palme.
Allerdings geht das nicht so eindeutig aus der Richtlinie hervor. Artikel 4
schreibt zwar vor, solche Marker bis 2004 vom Markt zu verbannen, das gilt
dem Wortlaut nach aber nur für die Marker, "die schädliche Auswirkungen auf
die menschliche Gesundheit oder die Umwelt haben können".
Genau das bestreiten Kommission und BASF für Amflora jedoch. "Die
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa und andere
Institutionen haben Amflora überprüft und sie für sicher erklärt", sagte
Kommissionssprecher Frédéric Vincent der taz. So sei es extrem
unwahrscheinlich, dass sich das Resistenzgen auf ein Bakterium überträgt.
Es komme auch jetzt schon in Boden, Menschen und Tieren vor. Außerdem
hätten die betroffenen Antibiotika nur geringe Bedeutung für die Medizin.
Doch die Genknollen-Gegner geben sich damit nicht zufrieden. Die Gutachten
der Behörden seien widersprüchlich, sagt Palme. "90-Tage-Tests an Ratten
haben genügt, die amtliche Unbedenklichkeit zu bescheinigen", kritisiert
Weiger. Die Weltgesundheitsorganisation WHO habe die beiden Antibiotika als
wichtige Reservemittel eingestuft, "wenn der Patient nicht mehr auf die
üblichen Medikamente anspricht". Und dass es schon Resistenzgene in der
Umwelt gibt, spreche nicht gegen die Gefährlichkeit zusätzlicher Gene in
Amflora.
Allerdings ist es möglich, dass das Europäische Gericht die geplante Klage
gar nicht erst annimmt. Bis zu einer Entscheidung dürften Palme zufolge
mindestens ein oder eineinhalb Jahre vergehen. Amflora wird aber schon
jetzt zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern angebaut. Der BUND, die Grünen
und die Linke forderten deshalb, dass die Bundesregierung eine
Schutzklausel im EU-Recht nutzt und Amflora in Deutschland verbietet.
12 May 2010
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Landwirtschaft
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