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# taz.de -- Jemens Kampf gegen Al-Qaida: Chaotische Verhältnisse in Sanaa
> Das Al-Qaida-Netzwerk im Jemen gilt als das stabilste der Welt. Das Land
> braucht Hilfe bei seiner Bekämpfung, Präsident Abdallah Saleh lehnt
> jedoch Einmischung von Außen ab.
Bild: Bräuchten Unterstützung beim Kampf gegen Al-Qaida: Jemenitische Soldate…
KAIRO / SANAA taz / afp | "Der jemenitische Flügel ist der aktivste und
gefährlichste Teil des Terrornetzwerks al-Qaida." John Brennan, der
Antiterrorberater des US-Präsidenten Barack Obama, sprach nach der neusten
Entdeckung zweier Sprengstoffpakete mit Absender Jemen aus, wovor
Geheimdienste weltweit nun bereits seit Monaten warnen.
Spätestens seit dem vereitelten Anschlag auf eine US-Verkehrsmaschine am
Weihnachtstag war allen klar, dass die chaotischen Verhältnisse im Jemen,
ähnlich wie die einst in Afghanistan, zu einem internationalen Problem
geworden sind. Auch der Anschlag letzten Dezember war damals im Jemen
vorbereitet worden.
Der jemenitische Präsident Abdallah Saleh versucht nun verzweifelt das
Image seines Landes als Terrorhochburg zu zerstreuen. "Der Jemen setzt
alles daran, den Terror zu bekämpfen, aber wir werden es niemandem
erlauben, sich in unsere Angelegenheiten einzumischen", sagte er am
Wochenende. Eine Erklärung, die das ganze Dilemma seiner Regierung deutlich
macht. Einerseits braucht sie in der Bekämpfung von al-Qaida Hilfe, vor
allem von den USA, aber bitte nicht zu offen, denn genau das könnte die
gegenüber den USA skeptisch eingestellte Bevölkerung in die Arme al-Qaidas
treiben.
Salehs Zentralregierung in Sanaa ist schwach. Das unübersichtliche und nur
von Stämmen kontrollierte jemenitische Hinterland dient den militanten
Islamisten als Rückzugsgebiet. "Dort beschaffen sie sich Waffen und
Sprengstoff, dort trainieren sie und dort planen sie ihre Anschläge",
erklärt der arabische Terrorexperte Abdallah Haidar. "Al-Qaida im Jemen ist
wahrscheinlich weltweit die stabilste Gruppe", meint auch Ali-Al-Ahmad vom
"Institute for Gulf Affairs" in Washington. Den Kern des Kaders im Jemen
bilden mehrere Rückkehrer aus Guantánamo, einige darunter Saudis, denen der
Boden in ihrer Heimat aufgrund der Verfolgung durch die saudischen Behörden
zu heiß geworden ist. Sie haben sich ins weniger kontrollierte jemenitische
Nachbarland abgesetzt.
Die meisten Anschläge führt die Gruppe "al-Qaida auf der Arabischen
Halbinsel", ein Zusammenschluss der beiden Flügel im Jemen und in
Saudi-Arabien, derzeit im Jemen selbst aus. Attentate auf ausländische
Botschaften und vor allem auf Einrichtungen des jemenitischen
Sicherheitsapparates stehen auf ihrer Tagesordnung. Das Militär startet
immer wieder Offensiven. "Wir sind in einen Guerillakrieg verstrickt. Das
größte Problem ist die teilweise lokale Unterstützung, die al-Qaida
genießt", sagt ein hoher jemenitischer Sicherheitsoffizier.
Auch wenn Präsident Saleh sich öffentlich immer wieder gegen jegliche
Einmischung von außen verwehrt, Tatsache ist, dass die USA versuchen, die
Kapazitäten des jemenitischen Sicherheitsapparates zu verbessern. Offiziell
befinden sich 50 US-Militärberater im Land. Washington gibt derzeit 150
Millionen Dollar aus, um die Armee des verarmten südarabischen Landes
auszurüsten. Seit letzter Woche versucht es die jemenitische Regierung mit
einem neuen Rezept, das auch im Irak angewendet wird. Sie rekrutiert
Stammesmilizen, bezahlt sie und rüstet sie aus. Die sollen in Zukunft statt
oder an der Seite der Armee die Al-Qaida-Kader jagen.
Die Bombenfunde am Wochenende zeigen, wie weit man von dem Ziel, al-Qaida
zu schwächen, noch entfernt ist. Selbst die ersten Festnahmen im
Zusammenhang mit den Bombenpaketen wirken wenig überzeugend. Bereits am
Samstag waren eine Ingenieurstudentin und ihre Mutter in Sanaa verhaftet
worden. Ihr Name und ihre Telefonnummer sollen in Verbindung mit der
Aufgabe der Pakete stehen.
Warum sie willentlich ihre Telefonnummer abgegeben hat, als sie angeblich
mehrere Bomben losgeschickt hat, ist bisher ungeklärt. "Sie gilt als stille
Studentin und hat keinerlei Beziehungen zu irgendwelchen religiösen und
politischen Gruppen", sagt ihr Anwalt Abdel Rahman Burman. Ihre
Kommilitonen hatten einen Streik organisiert und ihre Freilassung
gefordert. Vor der Uni hielten sie Plakate hoch mit der Aufschrift "Sie ist
nur ein Sündenbock".
Noch am Sonntag wurde die Studentin wieder freigelassen, die 22-Jährige und
ihre ebenfalls festgenommene Mutter seien unschuldig und auf freiem Fuß,
sagte ihr Vater Mohammed el Samaui der Nachrichtenagentur AFP in Sanaa.
Ein Vertreter der jemenitischen Sicherheitskräfte sagte, eine Frau habe
sich als die Studentin ausgegeben und so das Paket aufgegeben. Die andere
Paketbombe sei von einem Mann abgeschickt worden.
Die US-Ermittler sehen inzwischen in dem saudi-arabischen Extremisten
Ibrahim Hassan el Asiri eine Schlüsselfigur. Potenzielle Kämpfer hat
al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel viele, mehrere hundert, schätzen
Experten, aber es gibt nur wenige, die komplizierte Bomben bauen können,
wie al-Asiri, der wahrscheinlich im Jemen lebt. Er steht ganz oben auf der
der saudischen Liste der meistgesuchten Terroristen. Die früheren
Aktivitäten El Asiris und seine Erfahrung mit Sprengstoffen machten ihn zu
einem "Hauptverdächtigen", sagte ein Verantwortlicher der
US-Anti-Terror-Behörden. Es gebe Hinweise darauf, dass El Asiri auch bei
dem versuchten Anschlag auf eine US-Passagiermaschine im Landeanflug auf
Detroit am 1. Weihnachtstag 2009 eine Rolle gespielt habe.
1 Nov 2010
## AUTOREN
Karim Gawhary
Karim El-Gawhary
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