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# taz.de -- Vereitelte Flugzeug-Anschläge: Krieg gegen den Paketterror
> Nach Bombenfunden in Frachtflügen herrscht Sorge in Deutschland,
> Großbritannien und den USA. Bundesinnenminister Thomas de Maizière räumt
> Versäumnisse ein.
Bild: Frachtflugzeuge sollen künftig stärker kontrolliert werden.
BERLIN/SANAA/WASHINGTON taz/dpa/afp/dapd | Die Bundesregierung wird als
Konsequenz aus den beiden Bombenfunden von East Midlands und Dubai bis auf
weiteres keine Luftfracht aus dem Jemen mehr nach Deutschland lassen. Das
Luftfahrtbundesamt hat zudem alle Paketdienstleister angewiesen, noch
ankommende oder lagernde Fracht aus dem Jemen streng zu kontrollieren.
Bisher wird Luftfracht, die Deutschland lediglich im Transit durchquert und
auf deutschen Flughäfen umgelagert wird, nicht gesondert kontrolliert, wie
ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums der taz sagte. Man gehe davon
aus, dass beim Einladen schon eine Kontrolle stattgefunden habe.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) räumte im MDR ein, dass
Frachtflüge bislang vergleichsweise wenig kontrolliert worden seien.
Schwachstellen würden jetzt analysiert und beseitigt. Er geht zudem davon
aus, dass eine Anschlagsserie geplant war. "Es spricht einiges dafür, dass
es hier um ein konzertiertes Vorgehen ging", sagte er. "Wir nehmen den
Vorgang ernst, auch wenn Deutschland wohl nicht Anschlagsziel war." Seine
für Sonntag geplante Reise in den Nahen Osten sagte de Maizière ab. "Der
Sicherheitschef muss an Deck bleiben", sagte ein Ministeriumssprecher.
Wie Sicherheitskreise der taz bestätigten, war eine der beiden Sendungen
vom Paketdienst UPS am Flughafen Köln/Bonn umgeladen worden. Demnach hatten
saudi-arabische Sicherheitsbehörden dem Bundeskriminalamt (BKA) einen
Hinweis auf bedenkliche Luftfracht aus dem Jemen mit dem Ziel USA gegeben.
Als das BKA die fragliche Sendung beim Umladen überprüfen wollte, war das
Flugzeug aber bereits wieder auf dem Weg. Schließlich wurde das Paket auf
dem mittelenglischen Flughafen East Midlands sichergestellt.
Jemens Sicherheitsbehörden reagierten mit harter Hand auf die Bombenfunde.
Sie nahmen am Wochenende in einem Armenviertel der Hauptstadt Sanaa eine
Studentin fest, die in Verdacht steht, die beiden Paketbomben aufgegeben zu
haben, nachdem US-Ermittler sie als Käuferin der SIM-Karte identifiziert
hatten, die an einem der beiden Sprengsätze befestigt war.
Auf einem Paketschein sei die Handynummer der jungen Frau entdeckt worden,
erklärte das jemenitische Verteidigungsministerium. Auch ihre Mutter wurde
festgenommen, am Sonntag kamen sämtliche jemenitischen Mitarbeiter der
beiden betroffenen Luftfrachtgesellschaften und der Frachtabteilung des
Flughafens Sanaa dazu.
Nach Angaben ihres Anwaltes könnte die festgenommene 22-Jährige aber Opfer
eines Identitätsdiebstahls geworden sein. In Sanaa demonstrierten am
Sonntag etwa 500 Studenten für die Freilassung der festgenommenen jungen
Frau, da diese unschuldig sei.
Die US-Regierung bot Jemens Behörden ihre Unterstützung bei der Bekümpfung
des Terrorismus an. Die USA "stünden bereit", sagte der stellvertretende
Nationale Sicherheitsberater der USA, John Brennan. Der Al-Qaida-Ableger im
Jemen sei "eine entschlossene Gruppe", sagte er dem Sender NBC.
Möglicherweise gebe es weitere Paketbomben wie die in Dubai und England
gefundenen. US-Sicherheitsexperten sind jetzt unterwegs in den Jemen, um
dort die Sicherheitsmaßnahmen zu überprüfen, berichtete AP unter Berufung
auf interne US-Regierungsdokumente. Außerdem solle die Überprüfung von
Fracht auf allen US-Flügen verstärkt werden.
Der britische Premierminister David Cameron erklärte, er glaube, dass die
Bombe, die in England gefunden wurde, an Bord des Flugzeugs in die USA
explodieren sollte. Wie Innenministerin Theresa May sagte, wäre sie stark
genug gewesen, die Maschine zum Absturz zu bringen. Das Gleiche gilt nach
US-Angaben für die Bombe, die in Dubai sichergestellt wurde.
31 Oct 2010
## AUTOREN
Wolf Schmidt
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