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# taz.de -- Kommentar Assange-Verhaftung: Wikileaks ist mehr als sein Star
> Mit ihrem Anti-Terror-Kampf haben die westlichen Demokratien das
> Bedürfnis nach Wikileaks erst geschaffen. Würde es untergehen, träte eine
> ähnliche Seite an seine Stelle.
Eine Vergewaltigung ist keine Kleinigkeit. Darum ist es richtig, dass die
Justiz diesem Verdacht auch im Fall von Julian Assange so hartnäckig
nachgeht. Zu hoffen ist nur, dass sie auch in anderen Fällen ähnlich
energisch handelt.
Niemand kann sagen, ob sich der prominenteste Kopf des Enthüllungsnetzwerks
Wikileaks der sexuellen Gewalt schuldig gemacht hat oder nicht. Dass seine
Webseite zugleich mit harten Bandagen bekämpft wird, lässt aber die
Spekulationen blühen, zumal manche westliche Politiker fast schon von einem
"Krieg" gegen Assange reden.
Nur: Gewinnen können sie ihn nicht. Denn mit dieser Haltung haben westliche
Staaten ihren Konflikt mit Hackern und digitalen Aktivisten erst
heraufbeschworen. Im sogenannten Kampf gegen den Terror haben die
Demokratien der USA und Europas nicht nur ohne ausreichende Begründung
ganze Kriege angezettelt. Sie haben auch versucht, die Freiheitsrechte und
die Privatsphäre ihrer Bürger einzuschränken. Mehr Macht für den Staat,
aber weniger Transparenz für den Bürger - diesen asymmetrischen Konflikt
haben Staaten wie die USA selbst verschuldet - und die Notwendigkeit für
eine Plattform wie Wikileaks geschaffen.
Viele Netzaktivisten sahen die Anti-Terror-Gesetze als Angriff auf - eigene
und gesellschaftliche - Freiräume. Auch klang der Unterschied zwischen den
Rechtfertigungen der Demokratien des Westens und denen Russlands oder
Chinas auf einmal gar nicht mehr so groß. Deshalb etwa wandelte sich die
Bastlertruppe des Chaos Computer Clubs zu einem Bürgerrechtsverein, dem es
gelang, die Vorratsdatenspeicherung zumindest zeitweise aufzuhalten.
Die neuen Anti-Terror-Befugnisse haben es erschwert, Kritik an die
Öffentlichkeit zu bringen. Denn nun lässt sich viel leichter
nachvollziehen, wer mit wem wann über was gesprochen hat. Egal ob diese
Bedrohung mehr gefühlt als real ist - so kam das Bedürfnis nach einem
vertrauenswürdigen Kanal auf. Die klassischen Medien konnten dieses
Bedürfnis nicht bedienen: Weder hatten sie ein Bewusstsein für das neue
Bedrohungsgefühl noch besaßen sie das technische Know-how. Wikileaks hatte
beides.
Julian Assange ist der Star von Wikileaks, aber das Bedürfnis nach seiner
Seite ist größer als er. Sollte Wikileaks die aktuellen Angriffe nicht
überleben, werden ähnliche Seiten an deren Stelle treten. So lange, wie
dafür ein Bedarf besteht.
7 Dec 2010
## AUTOREN
Daniel Schulz
## TAGS
Gezi-Park
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