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# taz.de -- Netzschlacht um Wikileaks: Schlag auf Schlag im Info-Krieg
> Der Kampf um Wikileaks im Netz wird heftiger. Websites stehen unter
> Beschuss, ein Hacker wurde verhaftet, Twitter und Facebook gehen gegen
> die Aktivistengruppe Anonymus vor.
Bild: Anlass großer Unruhen: Wikileaks.
In den Niederlanden ist ein 16-jähriger Jugendlicher festgenommen worden,
der im Zusammenhang mit [1][Wikileaks] einen Hacker-Angriff auf die
Internetseiten von MasterCard und Visa gestartet haben soll. Er habe
bereits gestanden, teilten die Behörden am Donnerstagabend in Den Haag mit.
Der junge Mann sei vermutlich Mitglied einer größeren Gruppe von Hackern,
die im Netz Unternehmen angegriffen haben, die sich von Wikileaks
distanziert haben. So habe die Hackergruppe Anonymus ihren Teil zum derzeit
laufenden Info-Krieg beigesteuert.
Das [2][Motto dieses Datenkrieges] stammt von John Perry Barlow, Althippie,
Online-Pionier und Gründer der Online-Bürgerrechtsorganisation Electronic
Frontier Foundation: "Der erste ernsthafte Infowar läuft nun. Das
Schlachtfeld ist WikiLeaks. Ihr seid die Truppen", schrieb er am Freitag
der vergangenen Woche.
Die Gefechte der vergangenen Tage waren beachtlich. Kurz nach der
Verhaftung von Wikileaks-Chef Julian Assange vor zwei Tagen startete
Anonymous mit der Aktion "Avenge Assange". Die lose Aktivistengruppe, die
vorher schon im Netz gegen Scientology kämpfte, ging mit einer
Distributed-Denial-of-Service-Attacke (DDoS) gegen den
[3][Kreditkartenanbieter Mastercard vor.] Die Website fiel daraufhin
zeitweilig aus. Bei einem DDoS-Angriff werden Server mit Anfragen
überflutet, manchmal solange, bis sie zusammenbrechen.
Am Donnerstag gingen die Aktionen weiter - unter anderem gegen Visa, PayPal
und Amazon, die ebenfalls Wikileaks die Zusammenarbeit mit teils
fadenscheinigen Begründungen gekündigt hatten. Die Website von Sarah Palin,
die Assange für einen Terroristen hält, wurde genauso attackiert wie die
des US-Senators Joe Liebermann, der den Wikileaks-Gründer gerne wegen
Spionage verurteilt sähe und auf Firmen Druck gemacht hatte, die
Kooperation mit Wikileaks zu beenden. Der Schweizer Bankkonzern
PostFinance, der Assanges Konto gekündigt hatte, war für
Online-Banking-Kunden zwischenzeitlich nicht zu erreichen.
Anonymous und andere Aktivistengruppen organisierten sich untereinander
lose, taten sich zu [4]["freiwilligen Botnetzen"] zusammen und gaben ihre
Maschinen für DDoS-Angriffe frei. Der Gefahr, wegen Computersabotage vor
Gericht zu kommen, ist man sich durchaus bewusst. Die Strategie ist einfach
und erfolgreich: Es reichen bereits einige Tausend Rechner, um schwere
Server-Blockaden hervorzurufen.
Unterdessen machten sich die Online-Netzwerke Twitter und Facebook bei den
Aktivisten unbeliebt. Bei Twitter wurde der Account von Anonymous, der der
Koordinierung diente, [5][ohne genaue Begründung gesperrt,] während auf
Facebook [6][eine Gruppe gelöscht wurde.] Das tat den Aktivisten nicht
sonderlich weh: Innerhalb kürzester Zeit tauchten Ersatz-Accounts auf.
Immerhin: Die Wikileaks-Accounts bei Facebook und Twitter blieben bislang
unangetastet.
In diesem Infowar gibt es auch Kollateralschäden zu beklagen. EasyDNS, ein
kanadisches Unternehmen, das [7][mit dem] [8][Abschalten der
Wikileaks-Domain] vor einigen Tagen nichts zu tun hatte, bekam den Hass
einzelner Nutzer auf Twitter und Facebook zu spüren. In den Medien hatte es
zuvor einen schlichten Tippfehler gegeben. Aus "EveryDNS" im "Guardian", in
der "New York Times" und diversen anderen bekannten und weniger bekannten
Publikationen war "EasyDNS" geworden.
Firmenmanager Mark Jeftovic versuchte verzweifelt, Richtigstellungen in den
Medien zu platzieren und antwortete zeitweilig auf jedes einzelne
Twitter-Posting. Schließlich kam im EasyDNS-Blog die Frage auf, wie das
Unternehmen, das Internet-Adressen verkauft und managt, selbst mit
Wikileaks als Kunden umgegangen wäre. Darauf fand Jeftovic nur eine
Antwort: Wenn technische Dinge geklärt seien, um eventuell erfolgende
Angriffe abzuwehren, sei das durchaus möglich.
Wie das Leben manchmal spielt, gab es zumindest in diesem Fall ein Happy
End: EasyDNS gehört zu den Firmen, die dafür sorgen, dass "wikileaks.ch",
die aktuelle Hauptadresse des Projekts, weiter online ist. Auch
"wikileaks.org", jene Domain, die EveryDNS abgeschaltet hatte, werde er bei
Bedarf gerne übernehmen, sagte Jeftovic, der seine Systeme zusätzlich
absichern ließ. Momentan gebe es hier aber noch Zuständigkeitsprobleme.
10 Dec 2010
## LINKS
[1] http://bewegung.taz.de/aktionen/support-wikileaks/beschreibung
[2] http://twitter.com/jpbarlow/status/10627544017534976
[3] /1/netz/netzkultur/artikel/1/anonymus-gegen-mastercard/
[4] http://www.golem.de/1012/80009.html
[5] http://www.netzpolitik.org/2010/twitter-zensiert-anonymous/
[6] http://www.readwriteweb.com/archives/anonymous_ousted_from_twitter_and_face…
[7] /1/netz/netzpolitik/artikel/1/kein-anschluss-unter-dieser-nummer-1/
[8] /1/netz/netzpolitik/artikel/1/kein-anschluss-unter-dieser-nummer-1/
## AUTOREN
Ben Schwan
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