# taz.de -- Gegenangriffe aus dem Netz: Anonymus gegen Mastercard | |
> Das Netz schlägt zurück: "Websites, die sich Regierungsdruck beugen, | |
> werden Ziele". Das sagten Online-Aktivisten vor einer Attacke auf | |
> Mastercard. | |
Bild: Auch Mastercard war Ziel von DDoS-Attacken. | |
Die Seiten von Wikileaks stehen nach Veröffentlichung der | |
US-Diplomatendepeschen Ende November massiv unter Druck. In den vergangenen | |
Tagen gab es Meldungen: Wikileaks.org ist nicht mehr erreichbar. Es wurde | |
von Cyberattacken auf die Plattform berichtet. Das US-Unternehmen Amazon | |
stöpselte Wikileaks aus. Die französische Internetadresse der | |
Enthüllungsplattform war nicht mehr erreichbar. | |
Nun aber startete im Netz der Gegenangriff. Schon vor einigen Tagen bat | |
Wikileaks die internationale Netzgemeinde um Hilfe dabei, Kopien ihrer | |
Daten anzufertigen. So soll verhindert werden, dass die Plattform online | |
nicht mehr erreichbar ist - selbst wenn Serveranbieter von Wikileaks, so | |
wie in der vergangene Woche Amazon in den USA, der Enthüllungsplattform die | |
Zusammenarbeit aufkündigen. Und am Mittwoch startete eine Gruppe von | |
Hackeraktivisten, die unter dem Namen "Anonymous" operiert, Angriffe auf | |
die Homepages von Kreditkartenunternehmen, Banken und Onlinebezahldiensten, | |
die in den vergangenen Tagen Wikileaks-Spendenkonten geschlossen haben. So | |
waren die Homepages des Kreditkartenunternehmens Mastercard am Mittwoch | |
nicht erreichbar. Weitere Angriffe erfolgten auf den Onlinebezahldienst | |
PayPal und bereits am Montagabend auf die Schweizer Postbank, die ein Konto | |
des am Dienstag verhafteten Wikileaks-Chefs Julian Assange gesperrt hatte. | |
Die Gruppe, die sich auf Twitter zu den Angriffen bekannt hatte, nannte die | |
Aktionen "Operation Payback". | |
Bei diesen Angriffen handelt es sich technisch um sogenannte DDoS-Attacken | |
(Distributed Denial-of-Service). Das sind Angriffe, bei denen in kürzester | |
Zeit eine große, automatisch gesteuerte Menge an Datenpaketen einen | |
Netzwerkdienst oder Server überfluten. Und ihn im schlimmsten Fall | |
lahmlegen. Dazu wird ohne Wissen tausender Computernutzer heimlich | |
Schadsoftware auf ihren Rechnern installiert, die ferngesteuert Anfragen an | |
die zu attackierende Adresse versendet. Konzertiert wird dies meist über | |
sogenannte Botnetze, riesige Netzwerke, die gemietet werden können. Diese | |
Botnetze sind ebenso wie DDoS-Attacken illegal. | |
Damit attackiert "Anonymous" die Geldunternehmen mit den gleichen Mitteln, | |
mit denen zuvor auch Wikileaks in die Zange genommen wurde. Vergangenen | |
Freitag kündigte EveryDNS, ein US-Providerunternehmen, an, nicht mehr mit | |
Wikileaks zusammenarbeiten zu wollen, weil man sich seit Tagen schweren | |
DDoS-Attacken ausgesetzt sah. Seitdem ist wikileaks.org nicht mehr | |
erreichbar - weil eben keine Verbindung mehr zwischen der Internetadresse | |
wikileaks.org und der dazugehörigen IP-Adresse besteht. Auch anderswo war | |
es zu schweren DDoS-Attacken auf Wikileaks-Seiten gekommen. | |
Wer hinter diesen DDoS-Attacken steckt, können selbst | |
Computersicherheitsexperten nicht beantworten. Doch schnell tauchte die | |
Vermutung auf, dass hinter diesen Attacken die Regierungen der USA und | |
anderer Länder stecken könnten. Vor der Attacke auf Mastercard sagte ein | |
Mitglied der "Anonymous"-Gruppe, der sich "Coldblood" nannte, der | |
britischen BBC: "Websites, die sich Regierungsdruck beugen, werden Ziele." | |
Parallel dazu berichtet der US-Technikblog [1][techcrunch.com], dass | |
PayPal-Vizechef Osama Bedier auf einer Pariser Internetkonferenz zugegeben | |
hatte, dass die Schließung ihres Wikileaks-Spendenkonto erfolgt war, | |
nachdem die US-Regierung sein Unternehmen auf deren "illegale Aktivitäten" | |
aufmerksam gemacht hatte. | |
8 Dec 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://techcrunch.com | |
## AUTOREN | |
Meike Laaff | |
## TAGS | |
Cyberattacke | |
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