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# taz.de -- Geplatzter Haushalt in Nordrhein-Westfalen: Opposition geht auf Kra…
> Der Tag nach dem Gerichtsentscheid. FDP und CDU fordern Sparkurs, aber
> keine Neuwahlen. Rot-Grün macht Schwarz-Gelb verantwortlich.
Bild: Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), Schulministerin Sylvia Löhr…
DÜSSELDORF taz | Nach ihrer Schlappe vor dem Landesverfassungsgericht
Münster gibt sich die rot-grüne Minderheitskoalition in Nordrhein-Westfalen
weiter kämpferisch. "Diese Regierung ist in keiner Krise", beteuerte der
grüne Fraktionsvorsitzende Reiner Priggen in der Landtagsdebatte am
Mittwoch über die Folgen der einstweiligen Anordnung gegen den
Nachtragshaushalt 2010.
"Wir werden weiterregieren, darauf können Sie sich verlassen", sagte auch
der SPD-Fraktionsvorsitzende Norbert Römer in Richtung der schwarz-gelben
Opposition. Und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) versicherte, sie
werde an ihrem eingeschlagenen Weg "nachhaltig festhalten".
Von einem "politischen Erdbeben" sprach hingegen FDP-Fraktionschef Gerhard
Papke. "Sie werden konsolidieren müssen", forderte er von SPD und Grünen.
"Sie verfrühstücken den Wohlstand unseres Landes, anstatt ihn zu mehren",
hielt CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann der Landesregierung vor. Das
Wort Neuwahlen nahmen allerdings weder Papke noch Laumann in den Mund. "In
diesem Nachtragshaushalt ist kein Stück rot-grüne Politik", hielt
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft CDU und FDP entgegen. Er sei vielmehr
nur die Endabrechnung mit den Haushaltstricks der schwarz-gelben
Vorgängerregierung.
Der Grüne Priggen erinnerte zudem daran, dass das von CDU und FDP
angestrengte Normenkontrollverfahren eine Retourkutsche ist. Denn als
Schwarz-Gelb 2005 die Regierungsgeschäfte von Rot-Grün übernahm, stellte
auch der damalige Finanzminister Helmut Linssen (CDU) erst mal einen
Nachtragshaushalt mit einer kräftig erhöhten Nettoneuverschuldung auf – und
die SPD-Landtagsfraktion klagte dagegen.
Mit Erfolg: Im April 2007 erklärte der NRW-Verfassungsgerichtshof den
Nachtragsetat für verfassungswidrig. Abgesehen von einem gewissen
Imageschaden blieb der Spruch für den damaligen Ministerpräsidenten Jürgen
Rüttgers (CDU) folgenlos. Das Geld war schließlich schon ausgegeben.
Das könnte diesmal anders sein. Denn die von Rot-Grün beschlossene
zusätzliche Nettoneuverschuldung um 1,83 Milliarden Euro auf 8,4 Milliarden
Euro dient vor allem Vorsorgemaßnahmen. Dazu gehören an erster Stelle
zusätzliche 1,3 Milliarden Euro für das Sondervermögen "Risikoabschirmung
WestLB AG". Hier geht es um die aus Sicht von SPD und Grünen von der
Rüttgers-Regierung viel zu gering kalkulierten Risiken für toxische
Papiere, die von der angeschlagenen Landesbank in eine "Bad Bank"
ausgelagert wurden.
Die Verfassungsrichter könnten "leider nur über die Form der
Berücksichtigung dieser Lasten im Haushalt" entscheiden, sagte
Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). "Dass wir die Lasten der
Vergangenheit zu tragen haben, das entzieht sich unserer
Entscheidungsgewalt genauso wie der des Gerichts."
Genau das ist das Problem für Rot-Grün: Kippt das Münsteraner
Verfassungsgericht in einigen Wochen endgültig das Nachtragshaushaltsgesetz
2010 und wird das zurückgelegte Geld jedoch in der bisher eingeplanten Höhe
benötigt, müsste es in den Etat für das laufende Jahr gebucht werden. SPD
und Grüne dürften dann kaum noch in der Lage sein, ihre Wahlversprechen wie
die Schaffung eines beitragsfreien Kita-Jahrs oder die Abschaffung der
Studiengebühren einzuhalten, frohlocken CDU und FDP bereits.
Auch wenn es der neue FDP-Landeschef Daniel Bahr Mittwoch im
Deutschlandfunk vage in Aussicht stellte: Dass sich SPD und Grüne, denen im
Landtag eine Stimme zur absoluten Mehrheit fehlt, für diesen Fall um ein
Bündnis mit der FDP bemühen könnten, gilt als unwahrscheinlich. Die
realistischere Variante sind vorgezogene Neuwahlen.
19 Jan 2011
## AUTOREN
Pascal Beucker
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