# taz.de -- Flüchtlingsabwehr der Saharastaaten: Das Mittelmeer wird abgeriege… | |
> Libyen, Tunesien, Algerien und Marokko wehren sich immer effektiver gegen | |
> afrikanische Migranten. Patrouillen fangen Boote ab und die Grenzen im | |
> Süden sind dicht gemacht. | |
Bild: Endstation Malta: Eine gestoppte Gruppe afrikanische Flüchtlinge. | |
BERLIN taz | Für Europa ist Libyen schon längst ein privilegierter Partner | |
bei der Abwehr afrikanischer Migranten. Libysche Patrouillen im Mittelmeer | |
fangen Flüchtlingsboote ab und Italien und Libyen unterzeichneten 2009 ein | |
Freundschaftsabkommen. Verhandlungen über ein Partnerschaftsabkommen | |
zwischen Libyen und der EU gibt es seit 2008. Ein Vorabkommen vom 9. Juni | |
2010 sieht Zahlungen von 60 Millionen Euro an Tripoli im Zeitraum 2011 bis | |
2013 vor, unter anderem für "gemeinsame Aktionen im Kampf gegen illegale | |
Einwanderung". | |
Eine Woche vor diesem Abkommen hatten Libyens Behörden das Büro des | |
UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Tripoli geschlossen, das 8.950 | |
Flüchtlinge und 3.680 Asylbewerber in Libyen betreute, zumeist aus Eritrea | |
und Palästina. Die libysche Praxis, afrikanische Flüchtlinge in | |
Sammellagern in der Wüste zu pferchen, ist von Menschenrechtlern kritisiert | |
worden. Inspektoren der EU-Grenzschutzagentur Frontex haben 2007 solche | |
Sammellager besucht und danach Libyen Unterstützung zugesagt. | |
"Im Jahr 2009 wurden fast 1.000 Menschen durch Italien nach Libyen | |
zurückgeführt, nachdem sie auf See gerettet oder aufgegriffen worden | |
waren", heißt es in der Begründung des EU-Parlamentsbeschlusses. "Nach | |
Angaben des italienischen Innenministers gab es in den ersten drei Monaten | |
des Jahres 2010 eine Verringerung der Anlandungen um 96 Prozent." | |
Das Mittelmeer wird nämlich als Transitroute immer schwieriger. Zum einen | |
wehren Libyen, Algerien und Marokko Einwanderer aus Afrika südlich der | |
Sahara immer effektiver an ihren Südgrenzen ab. Zum anderen gehen die | |
Regierungen Tunesiens, Algeriens und Marokkos seit Jahren sehr effektiv | |
gegen Versuche vor, von ihren Mittelmeerküsten aus illegal nach Europa zu | |
reisen. | |
Erst in der Nacht zum vergangenen Montag griff Algeriens Marine vor der | |
Stadt Annaba ein Boot mit 43 Migranten auf. "Illegale Ausreise" ist in | |
Algerien verboten und wird seit einem Gesetz aus dem Jahr 2009 mit sechs | |
Monaten Haft bestraft; "Schleuser" riskieren bis zu 20 Jahre. | |
Das Mittelmeer hatte vor drei Jahren den Atlantik zwischen Marokko und den | |
Kanaren als wichtigste Route für "Boat People" aus Afrika abgelöst. Im Jahr | |
2010 landeten auf den Kanaren nur noch 196 "Boat People" aus Afrika – | |
gegenüber 31.678 im Rekordjahr 2006. Die zunehmenden Kontrollen im | |
Mittelmeer verlagern die Flüchtlingsströme jetzt erneut: Wichtigster | |
Brennpunkt heute ist die türkisch-griechische Landesgrenze. | |
Wegen "menschenunwürdiger Zustände in griechischen Flüchtlingslagern" | |
setzte die deutsche Bundesregierung am Mittwoch Abschiebungen nach | |
Griechenland aus. Gegenüber Libyen bestehen solche Bedenken seitens der | |
EU-Kommission offenbar nicht. | |
20 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
Dominic Johnson | |
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Marokko | |
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