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# taz.de -- Abschiebung nach Griechenland gestoppt: Urteil unerwünscht
> Geflohen vor dem griechischen Asyl-Chaos: Nun verspricht Thomas de
> Maizière den Betroffenen ein Asylverfahren in Deutschland. So vermeidet
> er ein Verfassungsurteil.
Bild: Der Protest hat gefruchtet: Demonstranten vor dem Bundesverfassungsgerich…
FREIBURG taz | Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Abschiebung
von Flüchtlingen nach Griechenland gestoppt und ihnen ein Asylverfahren in
Deutschland versprochen. Damit will er einer Verurteilung durch das
Bundesverfassungsgericht zuvorkommen. Die Richter werden auf das Manöver
voraussichtlich eingehen, denn sie haben es selbst angeregt.
Betroffen sind Flüchtlinge, die vor dem griechischen Asyl-Chaos nach
Deutschland weitergeflüchtet sind. In Griechenland müssen Asylsuchende
meist unter menschenunwürdigen Bedingungen auf der Straße oder in
überfüllten Unterkünften leben. Auch gibt es keine ordnungsgemäßen
Asylverfahren, sodass auch politisch gefährdeten Flüchtlingen die
Abschiebung in den Verfolgerstaat droht.
Nach der Dublin-II-Verordnung der EU müssten die Flüchtlinge eigentlich
nach Griechenland zurück. Denn das Asylverfahren ist in dem Land
durchzuführen, in dem der Flüchtling ankam. Gegen die drohende
Rückschiebung ist im deutschen Recht nicht einmal eine Klage möglich.
Dagegen rief ein kurdisch-irakischer Flüchtling das
Bundesverfassungsgericht an, das im Herbst bereits über den Fall
verhandelte. Dass die Klage erfolgreich sein wird, war spürbar. Die Richter
schlugen deshalb dem Innenministerium vor, die Sache außergerichtlich zu
lösen. Auf diesen Vorschlag ging de Maizière nun ein.
Nach taz-Informationen hat das Innenministerium den Richtern in einem
Schreiben vom 14. Januar mitgeteilt, dass dem klagenden Kurden nicht mehr
die Abschiebung nach Griechenland angedroht wird, sondern er ein
Asylverfahren in Deutschland erhält. Zugleich wurde das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge angewiesen, bis zum 12. Januar 2012 auch in allen
vergleichbaren Fällen so zu verfahren.
Dieser Schritt dürfte rund tausend aus Griechenland eingereiste Flüchtlinge
betreffen, deren Verfahren von den Verwaltungsgerichten bislang nur
ausgesetzt waren. Außerdem können hiervon auch Flüchtlinge profitieren, die
in diesem Jahr erst nach Deutschland einreisen. Das Innenministerium hofft
offensichtlich, dass Griechenland in dieser Zeit sein Asylverfahren so in
den Griff bekommt, dass anschließend neue Flüchtlinge wieder dorthin
zurückgeschickt werden können.
Die Anwälte des Kurden werden das Verfahren jetzt wohl für erledigt
erklären. Das Verfassungsgericht kann zwar bei eigentlich erledigten
Verfahren trotzdem ein Urteil sprechen, wenn die Sache von allgemeinem
Interesse ist. Das werden die Richter wohl aber nicht tun, da sie den Deal
selbst angeregt haben.
Für die Flüchtlinge ist die Lösung günstig, sie erhalten jetzt ein
Asylverfahren in Deutschland. Ein Urteil des Verfassungsgerichts hätte
ihnen weniger gebracht. Dort ging es eigentlich nur um die Frage, ob ein
Flüchtling gegen seine Abschiebung nach Griechenland klagen kann.
Pro Asyl bedauerte dennoch, dass nun wichtige verfassungsrechtliche Fragen
ungeklärt bleiben. Allerdings wird schon am Freitag der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte in einem Fall aus Belgien entscheiden, ob
Abschiebungen von Flüchtlingen nach Griechenland zulässig sind.
18 Jan 2011
## AUTOREN
Christian Rath
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