# taz.de -- Arabische Welt und Libyen: Stiller Revolutionsexport | |
> Der Beitrag der arabischen Länder ist eher symbolischer und politischer | |
> Natur, nicht militärischer. Dennoch gibt es enge Beziehungen zu den | |
> Aufständischen. | |
Bild: Farben der Revolutionen: Ägypter auf dem Tahrir-Platz mit ehemaliger lib… | |
KAIRO taz | Es war die Arabische Liga, die den UN-Sicherheitsrat anrief, um | |
eine Resolution für eine Flugverbotszone über Libyen zu bewirken. Bei den | |
möglichen Militäraktionen hingegen werden die arabischen Länder keine | |
Schlüsselrolle spielen. | |
Bereits vor der Entscheidung des Sicherheitsrates hatte der Vertreter der | |
Arabischen Liga bei den Vereinten Nationen, Yahya Mahmassani, zu verstehen | |
gegeben, dass sich Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate an | |
militärischen Operationen beteiligen könnten, was Katar inzwischen | |
offiziell bestätigt hat. Allerdings ist unklar, welche Form diese | |
Beteiligung haben kann. | |
Inoffiziell ist die Rede davon, dass beide Länder Kampfflugzeuge schicken | |
könnten. Aber schon angesichts der militärischen Stärke der beiden kleinen | |
Länder ist es klar, dass dies nur ein symbolischer arabischer Beitrag sein | |
kann. | |
## Ägypten hilft, aber diskret | |
Militärisch weitaus potenter wäre Libyens Nachbarland Ägypten. Aber Menha | |
Bakhoum, die Sprecherin des Außenministeriums, hat bereits ausdrücklich | |
erklärt, dass "Ägypten nicht unter den arabischen Staaten sein wird, die | |
sich beteiligen". Andererseits gibt es Meldungen, dass das ägyptische | |
Militär begonnen hat, leichte Waffen an die libyschen Rebellen zu liefern. | |
Die Lieferungen hätten vor ein paar Tagen begonnen und würden weiterlaufen, | |
sagte ein US-Regierungsbeamter dem Wall Street Journal. Die USA seien | |
darüber informiert worden. | |
"Der ägyptische Militärrat hilft, aber nicht zu offensichtlich", erläutert | |
der libysche Geschäftsmann Hani Souflakis, der als Mittler zwischen den | |
ägyptischen Militärs und libyschen Rebellen fungiert. Mustafa al-Gherryani, | |
ein Sprecher des Nationalrates in Bengasi, bestätigt, bereits | |
Waffenlieferungen erhalten zu haben, will aber nichts über deren Art und | |
Herkunft sagen. | |
Das ägyptische Militär ist mit der Verwaltung des 80-Millionen-Landes, das | |
es nach nach der Revolution übernommen hat, mehr als ausgelastet. Zugleich | |
sorgt man sich um die eine Million ägyptischer Gastarbeiter, die in Libyen | |
leben und von denen bisher nur ein kleiner Teil geflohen ist. Ein | |
militärisches Einschreiten Ägyptens könnte sie gefährden. | |
Zudem könnte Gaddafi versuchen, die Nachbarländer zu destabilisieren, indem | |
er eine Flüchtlingswelle auslöst, die auch auf Ägypten zurollen würde. | |
Andererseits kalkuliert Ägypten, dass Gaddafi zumindest über den Osten | |
seines Landes keine Kontrolle mehr bekommt, und möchte gute Beziehungen zu | |
den Rebellen aufbauen. | |
## Inspiriert vom Tahrir-Platz | |
Die inoffiziellen Beziehungen zwischen jungen Ägyptern, die die Revolution | |
in Ägypten angeführt haben, und den jungen libyschen Rebellen war ohnehin | |
vom ersten Tag des Aufstands in Libyen sehr eng. Die Libyer waren von der | |
Tahrir-Revolution inspiriert. Und die jungen ägyptischen Revolutionäre | |
unterstützen ihre Freunde in Bengasi: Die dortigen Krankenhäuser sind voll | |
mit jungen ägyptischen Ärzten; auf der Straße nach Bengasi fährt ein | |
stetiger Strom vom Lastwagen mit Hilfsgütern, die privat in Ägypten | |
gesammelt wurden. | |
"Wir versuchen darzustellen, welchen Charakter unsere Revolution hat, warum | |
wir Gaddafi loswerden wollen, und wir zeigen seine Verbrechen auf, die | |
nicht im Fernsehen gezeigt werden", sagt der junge Veterinär Sabri | |
al-Mansury im Gespräch mit der taz. Zusammen mit sechs weiteren jungen | |
Rebellinnen und Rebellen war er im Auftrag des Nationalrats in der | |
vergangenen Woche in Kairo. | |
"Es stimmt: Wir haben nicht viel politische Erfahrung", sagt er, aber | |
versichert: "Wir werden politische Parteien gründen, freie und faire Wahlen | |
abhalten und wir werden eine Verfassung schreiben, die das alles festlegt." | |
Im Hinblick auf die Gegenwart ergänzt der Journalismusstudent Ahmad | |
el-Scherif: "Es ist nicht die Zeit für Verhandlungen und Diplomatie, | |
schließlich haben wir es mit einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu | |
tun." | |
Die Gruppe befürwortet eine internationale militärische Intervention, lehnt | |
den Einsatz internationaler Bodentruppen aber strikt ab. "Die Libyer wollen | |
nicht, dass ihr Land zur Zielscheibe wird, wie der Irak, Afghanistan oder | |
Somalia. Wir brauchen vor allem Waffen, um das repressive System Gaddafi | |
aufzuhalten", sagt el-Scherif. | |
18 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Karim Gawhary | |
Karim El-Gawhary | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Deniz Yücel | |
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