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# taz.de -- Grün-rote Politik in Baden-Württemberg: Das Mappus-Erbe
> Grün-rot hat die CDU in Baden-Württemberg verdrängt. Aber mit welchem
> Erbe? Und was wird sich ändern bei Atomkraft, EnBW und Bildung? Eine
> kurze Übersicht.
Bild: Droht zum Milliardengrab zu werden: die Atommeiler der EnBW.
Die Erwartungen nach dem historischen Sieg von Grünen und SPD in
Baden-Württemberg sind hoch. Doch was wird jetzt anders im Südwesten? Eine
Checkliste:
Atomkraft: Wer glaubt, die beiden baden-württembergischen Atomkraftwerke
würden nun binnen kürzester Zeit abgeschaltet, der wird enttäuscht sein.
Den Uraltreaktor Neckarwestheim 1 hat bereits die Mappus-Regierung in
Reaktion auf Fukushima stilllegen lassen. Der Grüne Winfried Kretschmann
hatte vor der Wahl erklärt, auch Philippsburg 1 solle nicht mehr angefahren
werden - momentan steht der Meiler wegen des Atommoratoriums der
Bundesregierung still.
Doch ohne ein Gesetz des Bundestags darf der Meiler wieder angefahren
werden. Zwar könnte die Atomaufsicht in Baden-Württemberg wegen
Sicherheitsbedenken die Energie Baden-Württemberg (EnBW) anweisen, das AKW
vom Netz zu nehmen, doch die schwarz-gelbe Bundesaufsicht könnte diese
Entscheidung wieder aufheben. Deshalb will Franz Untersteller,
Energieexperte der Landesgrünen, den Anti-AKW-Schwung nach der Wahl nutzen,
um die Bundesregierung zum Kurswechsel in der Atompolitik zu bewegen.
Zweite Möglichkeit: die Sicherheitsauflagen für AKWs verschärfen. Die
Nachrüstung kostet so viel, dass die Betreiber die Meiler freiwillig
abschalten.
***
EnBW: Der Atomkonzern gehört ohnehin zu 45 Prozent dem Land. Die Anteile
hatte Stefan Mappus in einem umstrittenen Deal für rund 5 Milliarden Euro
im Februar von der französischen EdF übernommen. Für die neue Regierung
eher ein Klotz am Bein: Den meisten Gewinn macht EnBW mit Atomstrom. Diese
Gewinne sollten nach Rechnung der alten Regierung die Zinsen tilgen, die
wegen des Kredits zum Kauf der EnBW fällig werden. Ein schneller
Atomausstieg aber senkt den Wert des Unternehmens, was voll auf den
Landeshaushalt durchschlägt.
Zudem gehören weitere 45 Prozent der EnBW dem Zweckverband Oberschwäbischer
Landkreise. Dessen Position ist noch unklar. Kretschmann will zunächst den
Aufsichtrat der EnBW mit eigenen Leuten besetzten, um mehr Einfluss auf den
Konzern zu gewinnen. Das könnte die CDU verhindern: Nächste
Hauptversammlung ist am 19. April, bis dahin steht die neue Regierung noch
nicht, Schwarz-Gelb kann die Posten für ein weiteres Jahr besetzen. "Ich
kann nicht heute sagen, was wir damit machen wollen", sagte Kretschmann mit
Blick auf die EnBW. "Dazu brauchen wir den Innenblick in das Unternehmen."
***
Regenerative Energien: Hier gehört Baden-Württemberg zu den Schlusslichtern
unter den Flächenländern in Deutschland. Besonders die Windkraft ist
vernachlässigt worden. In der Union wehrte man sich lange gegen die
"Verspargelung" der Landschaft. Momentan macht sie weniger als 1 Prozent
der landesweiten Stromproduktion aus.
Bereits das alte FDP-Wirtschaftsministerium ließ einen Windatlas erstellen,
der zeigt, dass es hervorragende Standorte im Südwesten gibt. Die Grünen
glauben, mittelfristig mit 650 neuen Windrädern 10 Prozent der
Stromerzeugung schaffen zu können. Letztes Jahr sind gerade mal sechs
errichtet worden. Grün-Rot will nun zunächst ein neues Energiekonzept für
den Südwesten erarbeiten.
***
Bildung: Hier herrscht große Einigkeit zwischen SPD und Grünen. Zunächst
sollen Schulen auf freiwilliger Basis die Möglichkeit erhalten,
Gemeinschaftsschulen bis zur zehnten Klasse einzuführen. Die SPD glaubt,
dass sich dieses Konzept durchsetzen wird und Haupt- und Realschulen
freiwillig umsteigen werden. Parallel dazu soll es weiter Gymnasien geben.
Zudem sollen Studiengebühren abgeschafft werden. Gymnasien soll es erlaubt
werden, einen neunjährigen Zug parallel zum Turbo-Abitur nach acht Jahren
anzubieten. Die Grünen wollen die Kitas besser finanzieren und dazu das
Landeserziehungsgeld umschichten. Die SPD will dagegen Kindergartengebühren
völlig abschaffen.
28 Mar 2011
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
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Schwerpunkt Atomkraft
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