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# taz.de -- Kommentar CDU nach der Wahlschlappe: Rauchende Trümmer
> Das festgefügte Weltbild der CDU ist durch den erratischen Kurs der
> Bundeskanzlerin in Sachen Atompolitik und Libyen-Einsatz
> zusammengebrochen.
Die Auflösung der traditionellen Milieus und die schwindende Bindung an die
alten Volksparteien gehört zu den - nicht mehr ganz so neuen -
Gewissheiten, die bei jedem ungewöhnlichen Wahlergebnis von
Parteienforschern und anderen Experten mit gefurchter Denkerstirn verkündet
werden. Auch das Ergebnis der Landtagswahl in Baden-Württemberg bietet sich
für eine solche Analyse an. Die Grünen stellen den Ministerpräsidenten:
eine Kulturrevolution! Etwa nicht? Nein. Im Gegenteil. Gerade dieses
Ergebnis beweist, dass in manchen Regionen die traditionellen Milieus noch
intakt sind. Es zeugt lediglich von der tiefen Verunsicherung der CDU und
ihrer Anhänger.
Das Weltbild der westdeutschen Christdemokraten ruhte jahrzehntelang auf
mehreren Säulen. Neben anderen gehörten dazu: die feste Verankerung im
westlichen Lager, der unbeirrbare Glaube an die alleinige Legitimität
staatlicher Institutionen im Hinblick auf politische Gestaltung und die
Überzeugung, wenn eine unionsgeführte Regierung etwas für verantwortbar
erklärte, dann sei es das auch.
Jede einzelne dieser Säulen hat Angela Merkel zertrümmert. Mit der
unglaubwürdigen Kehrtwende in der Atompolitik, mit der Enthaltung im
Weltsicherheitsrat beim Libyen-Einsatz und mit der Entmachtung des
Parlaments. Schlimm genug, dass das Atommoratorium ohne Beteiligung des
Bundestages verkündet wurde, danach wurde auch noch eine sogenannte
Ethikkommission berufen. Sie soll über die Bedingungen eines Ausstiegs aus
der Kernenergie befinden. Ganz so, als erlebe Deutschland gerade eine
postrevolutionäre Ära, in der die alten Institutionen ausgedient haben und
das Heil allein in einem gesamtgesellschaftlichen Konsens liegen kann.
Wofür wählt die Bevölkerung denn ihre Abgeordneten? Und wofür gibt es das
Instrument der parlamentarischen Anhörung, in der Fachleute zu Wort kommen?
Die Kanzlerin hat in den letzten Wochen den Eindruck erweckt, einen
Staatsstreich von oben durchsetzen zu wollen. Wenn sie glaubt, damit
ausgerechnet im westdeutschen CDU-Milieu - ja, das gibt es eben durchaus
noch! - punkten zu können, dann stellt sich die Frage, ob sie ihre Partei
atmosphärisch tatsächlich versteht. Der Verdacht verstärkt sich, dass ihr
das Koordinatensystem der eigenen Klientel bis heute fremd geblieben ist.
Überraschend ist es nämlich nicht, wenn CDU-Wähler zu den Grünen abwandern.
Wertkonservativ und bürgerlich: Damit können sie notfalls leben. Besser als
mit den Sozen.
Sicherlich haben bei den Landtagswahlen auch regionale Gesichtspunkte eine
Rolle gespielt, so die Frage nach der Sympathie für die jeweiligen
Spitzenkräfte. Es ist kein Zufall, dass Julia Klöckner in Rheinland-Pfalz
einen Achtungserfolg erzielte, während Stefan Mappus in die Wüste geschickt
wurde. Aber abgestimmt wurde am Sonntag weder über Stuttgart und Mainz noch
über Tokio und Tripolis. Sondern über den erratischen Kurs der CDU.
Eigentlich müsste jetzt in der Union eine Führungsdebatte entbrennen. Aber
Angela Merkel ist ja inzwischen allein zu Haus.
28 Mar 2011
## AUTOREN
Bettina Gaus
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
Schwerpunkt Atomkraft
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