# taz.de -- Kretschmann-Sieg beeinflusst Berliner Wahlkampf: Künast kann nur n… | |
> Berliner Grüne zeigen sich euphorisch über den Wahlausgang im Südwesten. | |
> SPD, CDU und Linke verhalten bis zweckoptimistisch. FDP kritisiert | |
> Westerwelle. | |
Bild: Renate Künast und ihr neues großes Vorbild aus dem Südwesten | |
Euphorisch haben Berlins Grüne auf den Erfolg ihrer Parteifreunde bei den | |
Landtagswahlen vom Sonntag reagiert. Mit Blick auf die hiesige | |
Abgeordnetenhauswahl am 18. September sagte ihr Landesvorsitzende Daniel | |
Wesener: "Ich spreche nicht von Rückenwind, ich spreche von Rückensturm." | |
Eher verhalten, entsprechend dem Wahlergebnis, äußerte sich SPD-Landeschef | |
Michael Müller: Er sieht "eine gute Basis für die kommenden Wahlen". Bei | |
Verlierern schwankte die Reaktion zwischen Zweckoptimismus bei CDU und | |
Linkspartei und einer "Köpfe müssen rollen"-Forderung bei der FDP. | |
Auswirkungen in Berlin hat der Wahlausgang vorerst allein für die hiesige | |
Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast. Sie wird auch bei einem eigenen | |
Wahlerfolg im September nicht ganz große Geschichte schreiben. Denn nun ist | |
es aller Voraussicht nach der baden-württembergische Spitzengrüne Winfried | |
Kretschmann, der als Erster mit grünem Parteibuch ein Bundesland regiert . | |
Laut Künast zeigen die Wahlen im Südwesten grundsätzlich, dass die Menschen | |
den Grünen die Führungsrolle zutrauten. Dies sei Grund zu großer Freude, | |
aber auch eine Bürde. "Das ist wie Hanteln auf der Schulter", sagte sie. | |
Auch für Landeschef Wesener ist es die zentrale Botschaft der Wahl, "dass | |
die Grünen nicht spinnen, wenn sie sagen, sie können Ministerpräsidenten | |
stellen". Zu Befürchtungen, die Berliner Grünen könnten leiden, wenn die | |
Parteifreunde im Südwesten, erstmals in Regierungsverantwortung, die ersten | |
Fehler machen, sagte er: "Ich bin da relativ gelassen. Wir haben 30 Jahre | |
lang dicke Bretter gebohrt - jetzt sind wir durch." | |
Ähnlich äußerte sich Fraktionschef Volker Ratzmann: "Wenn wir in | |
Baden-Württemberg gravierende Fehler machen, würde das natürlich die | |
Reputation der Grünen schwächen. Aber ich bin überzeugt, dass das nicht | |
passieren wird." | |
Der Erfolg von Kretschmanns Ansatz, alle Bevölkerungsgruppen anzusprechen, | |
statt Klientelpolitik zu betreiben, zeige, dass auch die Berliner Grünen | |
mit ihrem Programm "Eine Stadt für alle" auf dem richtigen Weg seien. "Der | |
Winfried hat gezeigt, dass das geht", sagte Ratzmann. Das habe nichts mit | |
Verwässerung von Inhalten zu tun, einer von den Berliner Grünen immer | |
wieder gehörten Kritik am Weg zur Volkspartei. "Es hat sich gezeigt, dass | |
man Radikalität nicht mit Profilierung verwechseln darf", sagte er. Auf | |
einen Koalitionspartner wollen sich die Grünen weiterhin nicht festzulegen, | |
genauso wenig wie die CDU. Bei den Berliner Christdemokraten hatten | |
vergangene Woche zwei Stellvertreter von Parteichef Frank Henkel für ein | |
Bündnis mit den Sozialdemokraten geworben, als Alternative zu Grün-Schwarz. | |
"Wir führen keinen Koalitionswahlkampf", sagte Henkel, "das trifft für die | |
eine Farbe genauso zu wie für die andere." | |
Koalitionstechnisch bringt der Wahlausgang in Baden-Württemberg allerdings | |
Berlins SPD-Chef Müller in Erklärungsdruck. Der hatte vor Monaten, als die | |
Grünen in Umfragen noch vor der SPD lagen, zu verstehen gegeben, dass die | |
Sozialdemokraten als Juniorpartner der Grünen nach der Abgeordnetenhauswahl | |
nicht zur Verfügung stünden. | |
Nun aber kommt es im Südwesten zu ebendieser Konstellation. Äußern mochte | |
sich Müller dazu am Montag jedoch nicht. Eine Parteisprecherin verwies | |
darauf, dass die SPD in der jüngsten Umfrage 5 Prozentpunkte vor den Grünen | |
liege. | |
Müller watschte stattdessen seinen jetzigen Koalitionspartner ab. "Die | |
Linke bleibt auch weiterhin eine ostdeutsche Regionalpartei", sagte er, | |
dabei außer Acht lassend, dass die Linkspartei 2010 in Nordrhein-Westfalen | |
erstmals und im Februar in Hamburg erneut ins Landesparlament einzog. | |
Der Linkspartei-Landesvorsitzende Klaus Lederer räumte zwar einen | |
"ernsthaften Rückschlag" ein - bei beiden Wahlen vom Sonntag hatte es seine | |
Partei nicht in den Landtag geschafft. Lederer hält aber in Berlin andere | |
Themen für wahlentscheidend. Grund zum Pessimismus gebe es daher nicht, | |
eher "Lust auf Wahlkampf". | |
Konsequenzen forderte allein FDP-Landeschef Christoph Meyer, dessen Partei | |
in der jüngsten Umfrage auf 3 Prozent abrutschte. "Wir müssen uns über das | |
Personaltableau der Partei unterhalten, das gilt explizit auch für die | |
Person des Bundesvorsitzenden", sagte Meyer. Das müsse spätestens beim | |
Bundesparteitag im Mai abgeschlossen sein, sonst ist für ihn der | |
Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus gefährdet. | |
28 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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