# taz.de -- Neuer Streit um Vorratsdaten: Speicherwut der Union düpiert FDP | |
> Bundesinnenminister Friedrich (CSU) fordert erneut, alle | |
> Telekommunikationsdaten sechs Monate lang zu speichern. Das sei | |
> kindlicher Trotz gegen das Karlsruher Urteil, schimpft die FDP. | |
Bild: Datenkabel im Gelb der FDP. Die Liberalen kriegen es wieder mit der Schn�… | |
BERLIN rtr/dpa | In der Regierungskoalition ist ein erneuter Streit über | |
die Vorratsdatenspeicherung ausgebrochen. Trotz eines Urteils des | |
Bundesverfassungsgerichts hat sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich | |
(CSU) am Montag für eine mehrmonatige Speicherfrist für | |
Telekommunikationsdaten ausgesprochen. Beim Partner FDP stieß die Forderung | |
prompt auf Kritik. Die Sicherheit der Menschen werde nicht durch immer | |
schärfere Eingriffe in die Grundrechte verbessert. | |
"Die schallende Ohrfeige, die das Bundesverfassungsgericht vor einem Jahr | |
der früheren Bundesregierung für das Gesetz zur Vorratsdatenspreicherung | |
erteilt hat, kann nicht mit einem 'Weiter-so' beantwortet werden", | |
erklärten die innenpolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende | |
der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, und der rechtspolitische Sprecher | |
Christian Ahrendt. Die Union reagiere wie ein "trotziges Kind" auf das | |
Urteil der Richter. | |
Die Karlsruher Richter hatten die umstrittene Vorratsdatenspeicherung im | |
März 2010 gekippt, weil sich mit den ohne Verdacht erfassten Handy- und | |
Internetdaten von praktisch jedem Bürger ein Persönlichkeits- und | |
Bewegungsprofil erstellen ließ. | |
Die gekippte Regelung hatte Telekommunikationsanbieter seit 2008 | |
verpflichtet, die Verbindungsdaten von Telefon, Handy und Internet für ein | |
halbes Jahr zu speichern und Polizei sowie Geheimdiensten zur | |
Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zur Verfügung zu stellen. Dagegen hatte | |
eine Rekordzahl von 35.000 Bürgern geklagt, unter ihnen die heutige | |
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP. | |
Seit das Gericht die Vorratsdatenspeicherung gekippt habe, hätten die | |
Provider 85 Prozent aller Datenanfragen der Sicherheitskräfte nicht mehr | |
beantwortet, weil die Informationen nicht mehr gespeichert worden seien, | |
bemängelte Friedrich. Damit sei ein rechtsfreier Raum entstanden, was nicht | |
hinzunehmen sei. Die Polizei müsse nun tatenlos zusehen, wie schwerste | |
Straftaten wie etwa Kinderpornografie begangen würden. | |
## Polizeigewerkschaft: "Zu viele Datenschutzbeauftragte" | |
Die von der FDP vorgeschlagene Methode des "Quick Freeze", bei der erst im | |
Verdachtsfall die Daten eingefroren würden, sei dagegen untauglich. Sie | |
helfe nicht, wenn die Daten nicht von vorneherein aufbewahrt würden. | |
Pütz und Ahrendt erklärten dagegen, die Bundesjustizministerin habe mit dem | |
Vorschlag für ein verdachtsabhängiges Einfrieren von | |
Telekommunikationsverbindungsdaten den Weg für einen Kompromiss aufgezeigt. | |
"Hierüber kann und muss verhandelt werden, damit die Balance von Freiheit | |
und Sicherheit gewahrt bleibt." Das Thema steht am Dienstagabend auch auf | |
der Agenda des Koalitionsausschusses. | |
Auch die Polizeigewerkschaft äußerte sich erneut zum Thema. Ihr Chef, | |
Rainer Wendt, sagte am Montag: "Der Datenschutz ist ein hohes Rechtsgut. | |
Aber nicht das höchste." Körperliche Unversehrtheit, Freiheit und sexuelle | |
Selbstbestimmung seien höherwertig. Die Maßstäbe müssten wieder | |
zurechtgerückt werden. "Ich glaube, es gibt erheblich zu viele | |
Datenschutzbeauftragte und erheblich zu wenig Opferschutz- und | |
Kinderschutzbeauftragte in Deutschland", sagte Wendt. | |
5 Apr 2011 | |
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