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# taz.de -- Sponsoring in der Bundesliga: Atom bringt Kohle
> In der Fußball-Bundesliga werben Firmen, die mit AKW-Strom Geld
> verdienen. Vielen Fans ist das wurscht. Kritik an den Sponsoren wird in
> den Kurven fast nie geübt
Bild: Proteste gegen den Sponsor Areva in Nürnberg.
Die ersten Fußballfans fordern den Ausstieg. Anhänger des 1. FC Nürnberg
verlangen die Kündigung des Sponsoringvertrags mit Areva. Die Erlanger
Tochter des französischen Atomkonzerns zahlt über 3 Millionen Euro für den
Schriftzug auf der Brust der Spieler.
Einige hat das schon immer gestört. Sie wussten, dass es nicht nicht gut
ankommen würde, wenn sie mit dem aktuellen Clubtrikot bei einer
Anti-AKW-Demo mitmarschieren würden. Lauter Protest gegen das Engagement
kam indes erst auf, als die Atomkraftwerke in Fukushima havariert sind.
"Clubfans gegen Atom" nennt sich ein Zusammenschluss kritischer Fans in
Nürnberg. Was ist los in der Liga? War es den Fans nicht eigentlich immer
scheißegal, wer Geld in die Teams steckt?
Gut, es gibt die Anhänger des TSV 1860 München, die mit aller Macht
verhindern wollen, dass ausgerechnet der FC Bayern an der Rettung des
Pleiteklubs mitwirkt. Kein Wunder: Für etliche Fans der 60er ist der FC
Bayern weitaus schlimmer als Atomkraft. Aber sonst? Was stand nicht schon
alles auf der Brust des Zweitligisten?
Einmal machten die Löwen für Löwenbräu Werbung, ein Bier, das viele in
München abscheulich finden. Dann stand plötzlich die Konkurrenzbrauerei
Hacker-Pschorr auf der Brust. Auch das war den Anhängern wurscht, auch
denen, die am liebsten Augustiner trinken. Jetzt kommt ein Mann aus
Jordanien, den sie in München als Scheich bezeichnen, und will 13 Millionen
Euro in den Klub stecken. Die Anhänger, die das gut finden, fragen nicht,
womit der Mann sein Geld verdient.
Sensibilisiert nun ausgerechnet das Engagement gegen Atomkraft die Fanszene
in Deutschland? Muss der designierte deutsche Meister Borussia Dortmund
Proteste gegen seinen Sponsor Evonik befürchten, deren Tochter Steag mehr
als nur einen Finger im Atomgeschäft hat? Kündigen Fans des designierten
Vizemeisters Leverkusen dem Klub ihre Anhängerschaft auf, weil die
Mannschaft auf ihren Trikots für TelDaFax wirbt, einen Energieversorger,
der garantiert mehr als 25 Prozent Atomstrom in die Leitungen leitet? Es
wäre ein neues Phänomen.
## Verbände gegen Sponsoren
Bis jetzt waren es eher die Verbände, die sich gegen unliebsame Sponsoren
gewehrt haben. Der seinerzeitige Erstligist FC Homburg wollte in den 80er
Jahren auf den Trikots für Kondome werben. Der Deutsche Fußballbund hat
darin einen nicht hinnehmbaren Sittenverfall gesehen und die Reklame
verboten. Die Homburger überklebten den Schriftzug so lange, bis ein
Gericht feststellte, dass Deutschland durch Werbung für Präservative kein
moralischer Niedergang drohte. Die Fans fanden das alles damals eher
witzig.
Ganz witzig kommt sich übrigens zurzeit der deutsche Pariser-Hersteller
Mapa vor. Der versorgt unterklassige Klubs mit Trikots, auf denen neben dem
Label Billy Boy steht: "Mach ihn rein". Es waren auch nicht die Proteste
der Fans, die dazu führten, dass der vor der Pleite stehende Eishockeyklub
ECD Iserlohn auf Werbung für das Grüne Buch von Muammar al-Gaddafi
verzichtete. Der Verband musste schon mit Lizenzentzug drohen, damit die
böse Werbung verschwand. Die Fans hätten wohl nichts gegen einen Retter aus
Libyen gehabt.
Von einem Aufstand in Königsblau war im Jahre 2006 auch nichts zu bemerken,
nachdem der FC Schalke 04 verkündet hatte, er werde 100 Millionen Euro vom
Rohstoffkonzern Gazprom kassieren. Dabei hätte es Gründe genug gegeben,
Mahnwachen gegen den Konzern zu organisieren, mit deren Hilfe Russland
seine Nachbarstaaten wie die Ukraine regelrecht erpresst und schon einmal
dafür sorgte, dass mitten im Winter der Gashahn zugedreht wurde.
## "Allgäuer Latschenkiefer"
Umgekehrt ist es auch nicht so, dass Klubs, die besonders harmlos anmutende
Aufdrucke auf der Wäsche tragen, beliebter werden. Kein Mensch wird Fan des
1. FC Kaiserslautern, weil auf deren Leibchen für Pflegeprodukte aus
Allgäuer Latschenkiefer geworben wird. Und Mainz 05 hat in den vergangenen
eineinhalb Jahren eher wegen der ansehnlichen Spielweise seines Teams neue
Anhänger gewonnen als wegen des Sponsors Entega, eines Energieversorgers,
der damit wirbt, auf Atomstrom zu verzichten.
Das Fansein ist beinahe vollständig abgekoppelt vom geschäftlichen Umfeld
der Klubs. Der Kampf von ein paar Nürnberger Fans gegen den Atomsponsor
Areva wird daran nicht viel ändern.
8 Apr 2011
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Trikot
Fußball
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