# taz.de -- Nürnberger Fanprotest gegen Sponsor: Atomgeld, nein danke! | |
> Die Nachwehen der Katastrophe von Fukushima haben die Bundesliga | |
> erreicht. Beim 1. FC Nürnberg regt sich Protest gegen den Hauptsponsor, | |
> den Areva-Konzern. | |
Bild: Rote Karte für Atomstromsponsoren? Zumindest einige Clubfans fänden das… | |
Die Atomkraft hat ein Imagedefizit, sie ist ein Underperformer, nicht mehr | |
darstellbar. So würden es viele der verbliebenen 3 Prozent FDP-Wähler | |
ausdrücken. Andere stellen fest: Seit Fukushima ist die Atomenergie so | |
etwas wie der Guido Westerwelle unter den Energieträgern. | |
Der Popularitätsverfall der Atomtechnologie ist so massiv, dass ihre | |
Nachbeben nun auch die strukturkonservative Fußball-Bundesliga erfasst | |
haben. Dabei ist es wohl kein Zufall, dass sich der Protest im Umfeld des | |
1. FC Nürnberg rührt, der auf seinen Trikots mit Logo und Schriftzug von | |
Areva wirbt. Der französische Konzern behauptet auf seiner Homepage stolz, | |
"weltweit führend in der Auslegung und beim Bau von Reaktoren, der | |
Lieferung von Brennelementen sowie beim Service und der Modernisierung von | |
Kernkraftwerken" zu sein. | |
"Der Club muss sich einen neuen Sponsor suchen", fordert Peter Mühlenbrock | |
vom "Energiewendebündnis". Und Gisela Hofmanns, Sprecherin der "Mütter | |
gegen Atomkraft", wirft dem Verein in der Nürnberger Zeitung vor, er | |
betreibe "Greenwashing der übelsten Sorte, indem er deren schmutziges | |
Geschäft mit seinem positiven Image unterstützt". Allerdings waren längst | |
nicht alle Atomkraftgegner bereits im Sommer 2008 dermaßen sensibilisiert. | |
Sascha Knöchel schon. Der Kommunikationsberater, der gerade eine | |
Facebook-Seite [1][Clubfans gegen Atom] ins Leben gerufen hat, war bei | |
keinem Nürnberger Heimspiel mehr, seit Areva auf den Clubjerseys prangt. | |
"Ich gehe seit 35 Jahren zum Club, aber seit 30 Jahren auch gegen Atomkraft | |
auf die Straße." Wer Knöchel über die Clubspiele vergangener Epochen reden | |
hört, der ahnt, dass es ihm schwerfällt, sein Team fast nur noch vorm | |
Fernseher anzuschauen. Doch 2008 war für ihn ein Sündenfall. "Wer für | |
Atomenergie wirbt, eröffnet eine Moraldebatte." | |
Vergangene Woche fand eine Mahnwache vor der Geschäftsstelle des | |
Bundesligisten statt. Die sei allerdings medial stark überbewertet worden, | |
sagt der Club und will nur zwölf Aktivisten gezählt haben. Am kommenden | |
Mittwoch findet eine Podiumsdiskussion mit Atomkraftgegnern und einem | |
Sprecher der "Ultras Nürnberg" statt. Der Verein wird keinen Vertreter | |
entsenden. Es sei alles zur Angelegenheit gesagt, heißt es. | |
FCN-Manager Martin Bader weist auf die gute Zusammenarbeit mit Areva hin | |
und betont, man habe Verständnis dafür, dass die Bevölkerung nach Fukushima | |
verunsichert sei. Der Fußball sei aber zur Neutralität verpflichtet. Die | |
Haltung des Vereins ist den fränkischen Atomkraftgegnern viel zu defensiv. | |
Die "Internationalen Ärzte für die Verhütung eines Atomkriegs" fordern die | |
Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. | |
Es darf allerdings bezweifelt werden, ob die Atomfrage bei der Mehrheit der | |
Clubfans den Stellenwert hat, den ihm die Aktivisten beimessen. Beim | |
letzten Heimspiel gegen Werder Bremen gab es wenige Tage nach Fukushima | |
keinerlei Proteste. Dennoch kann man davon ausgehen, dass die Mehrheit der | |
Clubfans lieber eine Molkerei als Sponsor hätte. | |
Gegen Atomenergie ist derzeit eben jeder, selbst Club-Aufsichtsrat Markus | |
Söder. Abstimmungen über den Sponsor dürften zudem an den meisten | |
Bundesligastandorten spannend werden. Schließlich wirbt in der Branche, in | |
der der Hauptsponsor für die Zusammenstellung der teuren Kader nicht die | |
unwichtigste Rolle spielt, kein Verein für Greenpeace. Dafür steht die | |
Kraftwerksbranche hoch im Kurs. | |
Und dennoch: Dass Repräsentanten von Profivereinen trotz vertraglicher | |
Zwänge Haltung beweisen können, sahen am vergangenen Sonntag 17.000 | |
Menschen im Karlsruher Wildparkstadion. In der Stadt, in der der | |
Atomstromer EnBW seinen Firmensitz hat, warb der örtliche Zweitligist unter | |
dem Motto "Flagge zeigen für den KSC" um Unterstützung und verteilte | |
Fähnchen mit dem Firmenlogo von EnBW. | |
Am Mittelkreis stand derweil Stadionsprecher Martin Wacker, der "politisch | |
eher als kritischer Geist gilt" (Rheinpfalz). Seine Arbeitskleidung zierte | |
pflicht- und überzeugungsgemäß ein Aktionslogo. Das Logo des Sponsors war | |
wohl auf dem Weg zum Mittelkreis vom Lastwagen gefallen. | |
8 Apr 2011 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Ruf | |
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