# taz.de -- Tepco verzichtet auf Reaktor-Flutung: Kein Plan B in Fukushima | |
> Worst-Case-Szenarios gibt's für Tepco nicht. Der Konzern setzt jetzt auf | |
> zirkulierendes Wasser in den Sicherheitsbehältern. Im Januar soll die | |
> Krise mit einem "Cold Shutdown" enden. | |
Bild: Das freundliche Himmelblau täuscht nicht mehr darüber hinweg: Tepcos Ko… | |
TOKIO taz | Trotz der mutmaßlichen Kernschmelze in drei Atommeilern und | |
Lecks in den Reaktor- und Sicherheitsbehältern hält der Betreiber des AKW | |
Fukushima, Tepco, an seinem Zeitplan für die Sanierung fest, der vor einem | |
Monat vorgelegt wurde. | |
Demnach soll bis Juli wieder die Kühlung der Reaktorkerne funktionieren und | |
bis Januar ein "Cold Shutdown", die endgültige Stilllegung, erreicht sein. | |
Allerdings verzichtet der Stromversorger auf das bislang geplante | |
"Wassergrab" für die Reaktoren, weil sie undicht sind. | |
Anstatt jeweils die Sicherheitsbehälter zu fluten, soll das in ihnen schon | |
vorhandene Wasser zirkulieren und über Wärmetauscher abgekühlt werden. | |
Dadurch würde die Menge radioaktiv verseuchten Wassers nicht mehr zunehmen. | |
Bis Juli sollen auch Wärmetauscher für die Abklingbecken mit verbrauchten | |
Brennstäben in den Reaktoren 1, 3 und 4 installiert sein. Die | |
Dekontaminierungsanlage für das verstrahlte Wasser, das in den Kellern der | |
Reaktoren steht, soll im Juli fertig werden. | |
## Skepsis selbst in Japan | |
Doch in Japan bleibt man skeptisch, ob die ehrgeizigen Vorgaben einzuhalten | |
sind. Tepco solle mehr als eine Option in seinem Sanierungsplan vorsehen, | |
forderte die Zeitung Asahi. Es müsse auch einen Plan B und ein Szenario für | |
den schlimmsten Fall geben. Dagegen betonte Regierungsberater Goshi Hosono | |
von der Demokratischen Partei, der Zeitplan sei realistisch. Einige der | |
Reaktoren würden sich schon dem "Cold Shutdown" nähern. | |
Die Regierung verabschiedete daher einen Unterstützungsplan für die | |
evakuierten Bewohner der Sperrzone um das AKW. Der Staat habe die | |
Atomenergie gefördert, deswegen sei er für die Opfer verantwortlich, | |
betonte Wirtschaftsminister Banri Kaieda. Nach diesem Zeitplan können die | |
Evakuierten Ende Mai ihre Autos aus der Zone holen. | |
## Not-Häuser und Gesundheitskontrollen | |
Bis August sollen 15.200 Behelfsbauten für die Evakuierten in der Präfektur | |
Fukushima entstehen. Möglichst noch ab Mai sollen die Betroffenen | |
gesundheitlich überwacht werden, und zwar weit über das Ende der Atomkrise | |
hinaus. Vor Jahresende will man damit beginnen, die radioaktiven Trümmer zu | |
beseitigen und die verstrahlten Böden an Schulen zu entfernen. | |
Unterdessen bleibt das Verfahren für die Entschädigung der Atomopfer weiter | |
unklar. Die Regierung hatte am Freitag die Gründung eines staatlich | |
gestützten Fonds für umgerechnet 43 Milliarden Euro beschlossen, um die | |
Auszahlungen sicherzustellen. Der Betreiber Tepco sagte zu, einen radikalen | |
Sparkurs einzuschlagen und seine Gewinne aus dem Stromgeschäft unbegrenzt | |
in den Fonds einzuzahlen. Die Regierung hat den Plan aber davon abhängig | |
gemacht, dass die Tepco-Geldgeber auf einen Teil ihrer Forderungen | |
verzichten, damit möglichst wenig Steuergeld für die Entschädigung | |
eingesetzt wird. Doch die Banken lehnen einen Schuldenerlass ab, während | |
Tepco sich gegen eine Rentenkürzung für seine Pensionäre wehrt. Alternativ | |
ist daher eine Aufspaltung des Energieriesen im Gespräch. | |
17 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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