# taz.de -- Fukushima-Betreiber macht Rekordverlust: Heiß und feucht wie in ei… | |
> Tepco macht Rekordverlust und schasst seinen Chef. Zudem sollen vier | |
> Reaktoren sollen verschrottet werden. Die Strahlung ist weiter hoch, in | |
> Block 2 ist es heiß und feucht. | |
Bild: Vorn: Der scheidende Tepco-Chef Masataka Shimizu. Daneben sein designiert… | |
BERLIN taz | Die Atomkatastrophe von Fukushima hat jetzt den Chef der | |
Betreiberfirma den Job gekostet. Gestern erklärte der Tepco-Chef Masataka | |
Shimizu seinen Rücktritt. Er habe beschlossen, die "volle Verantwortung" zu | |
übernehmen, sagte der 66-Jährige. Sein Management des Unfalls war | |
wiederholt kritisiert worden, auch weil er sich im März wochenlang | |
krankgemeldet hatte. Mit ihm wurde auch der Chef von Tepcos Atomabteilung, | |
Sakae Muto, entlassen. | |
Der Energiekonzern selbst steht vor dem Ruin. Gestern wurde nach | |
Agenturberichten bekannt, dass er im Geschäftsjahr, das Ende März auslief, | |
einen Verlust von 1,25 Billionen Yen, umgerechnet fast 11 Milliarden Euro, | |
verbucht hat – das größte Minus, das je ein japanisches Unternehmen | |
außerhalb des Bankensektors gemacht hat. Die Belastung durch die Atom-Krise | |
beziffert Tepco mit 1 Billion Yen (8,5 Milliarden Euro). Das Abschalten der | |
vier zerstörten Fukushima-Blöcke schlage mit 207 Milliarden Yen (176 | |
Millionen Euro) zu Buche. | |
## Aktienkurs seit Unfall um 80 Prozent gefallen | |
Die Stilllegung der vier zerstörten Blöcke in Fukushima, die | |
Aufräumarbeiten und die Reparatur von Ersatzkraftwerken belasten die | |
Bilanz. Der Aktienkurs von Tepco ist seit dem Unfall um 80 Prozent | |
gefallen, es gibt keine Dividende – und einen Ausblick auf das kommende | |
Geschäftsjahr wagten die Manager nicht. Die Aussichten sind düster: Der | |
Konzern wird nur durch staatliche Hilfen am Leben gehalten, Analysten | |
rechnen mit Entschädigungszahlungen von über 100 Milliarden Euro. | |
Auch die Lage an den havarierten Reaktoren ist weiterhin gefährlich. Zum | |
ersten Mal seit dem Unglück betraten jetzt Arbeiter die Reaktoren 2 und 3 – | |
und verließen sie gleich wieder. Denn sie entdeckten bis zu 50 (Reaktor 2) | |
und bis zu 170 (Reaktor 3) Millisievert pro Stunde: 250 Millisievert ist | |
die Obergrenze für den gesamten Einsatz eines Arbeiters, vor dem Desaster | |
lag der Wert bei 100 Millisievert. Diese Dosis haben bisher etwa 30 | |
Arbeiter abbekommen, meldet der TV-Sender NHK. Außerdem ist es an Block 2 | |
so heiß und feucht wie in einer Sauna, so dass die Manschaften nur wenige | |
Minuten arbeiten können. Bis ein neues Kühlsystem installiert ist, ist die | |
Arbeit laut Tepco kaum möglich. | |
Neue Dokumente weisen inzwischen darauf hin, dass am Beginn der Katastrophe | |
die Notventile versagt haben. Als nach Erdbeben und Tsunami die Kühlung | |
ausfiel, wollten die Tepco-Ingenieure an den Reaktoren die Ventile öffnen, | |
um den Druck abzulassen. Diese aber, schreibt die New York Times, hätten | |
ohne Strom nicht funktioniert und seien auch von Hand nicht zu steuern | |
gewesen. In den USA hat daraufhin eine Debatte begonnen, ob bei den | |
baugleichen US-Atomkraftwerken die Ventilsysteme ausgetauscht werden | |
müssten. Für die deutschen Meiler gibt es dagegen laut Gesellschaft für | |
Reaktorsicherheit (GRS) eine solche Debatte noch nicht, auch weil sie | |
anders konstruiert seien. Aber dass "Systeme zur Störfallbeherrschung | |
sicher funktionieren sollen, versteht sich von selbst", hieß es. | |
20 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Tepcos wütende Aktionäre: "Von Menschen gemachtes Desaster" | |
Bei der ersten Jahreshauptversammlung nach der Atomkatastrophe im | |
japanischen Fukushima wurde Kritik am Krisenmanagement laut. 400 Aktionäre | |
forderten den Ausstieg auf der Atomkraft. | |
In Japan reagieren die Beamten: Der Apparat versagt | |
Zwei Monate nach dem Tsunami macht die Regierung in Tokio nicht den | |
Eindruck, Herr der Lage zu sein. Die Katastrophe zeigt, dass eine | |
effiziente Verwaltung allein nicht reicht. | |
Zwei Monate Blindflug in Fukushima: Wie dreimal Harrisburg - nur schlimmer | |
Tepco bestätigt, dass es in drei Atomreaktoren schon kurz nach dem Erdbeben | |
zur Kernschmelze gekommen sei. Das radioaktive Wasser wird immer mehr zum | |
Problem. | |
Kommentar Fukushima: Verdrängt, aber gefährlich | |
Ein bisschen Medienschelte ist angebracht. Jetzt gibt es zwar mehr Infos | |
aus Fukushima. Doch das Medieninteresse hat nachgelassen. Andere Themen | |
stehen im Vordergrund. | |
Tepco gibt es zu: Kernschmelze in Fukushima 1, 2 und 3 | |
In drei Reaktoren im Atomkraftwerk Fukushima-Daichii ist es nach dem | |
Erdbeben am 11. März zu Kernschmelzen gekommen. Das räumte die | |
Betrieberfima Tepco jetzt ein. | |
Belastete Muttermilch in Fukushima: Die Angst der Mütter | |
Nach Fukushima sind japanische Eltern in Sorge. Vor allem wegen | |
widersprüchlicher Informationen über radioaktiv verseuchte Muttermilch. | |
Japan nach Fukushima: Fast wieder so wie vorher. Fast. | |
Die Angst schwindet. Medien kritisieren die Regierung, der Atomklüngel | |
entzweit sich ein bisschen. Bei Tepco lässt man den Begriff "Kernschmelze" | |
einfach weg. | |
Tepco verzichtet auf Reaktor-Flutung: Kein Plan B in Fukushima | |
Worst-Case-Szenarios gibt's für Tepco nicht. Der Konzern setzt jetzt auf | |
zirkulierendes Wasser in den Sicherheitsbehältern. Im Januar soll die Krise | |
mit einem "Cold Shutdown" enden. | |
Erweitere Evakuierungszone um Fukushima: Ungewisse Zukunft | |
Weitere 7.700 Menschen werden aus der Umgebung des AKWs Fukushima | |
evakuiert. Insgesamt sind es fast 90.000 Menschen. Ob sie je zurückkönnen, | |
ist ungewiss. | |
Havariertes AKW Fukushima: Tepcos Verteidigung bröckelt | |
Laut Tepco war es erst der Tsunami, der die Notkühlung und damit die | |
Reaktoren von Fukushima beschädigte. Doch nun kommt raus, dass das wohl nur | |
die halbe Wahrheit ist. |