# taz.de -- Kommentar Fukushima: Verdrängt, aber gefährlich | |
> Ein bisschen Medienschelte ist angebracht. Jetzt gibt es zwar mehr Infos | |
> aus Fukushima. Doch das Medieninteresse hat nachgelassen. Andere Themen | |
> stehen im Vordergrund. | |
Fukushima? Doch, doch, da war was. Ich komm gleich drauf … Hochzeit von | |
William und Kate, Dortmund wird Meister, Euro-Krise … | |
So reagieren wir. Und das ist nicht zynisch, sondern normal. Seit zehn | |
Wochen köchelt am anderen Ende der Welt die nukleare Katastrophe vor sich | |
hin, und wir haben auch mal wieder andere Dinge zu tun. Und auch wenn in | |
den ersten Tagen und Wochen die Aufmerksamkeit besonders in Deutschland | |
hoch war, wird selbst die Apokalypse auf Dauer langweilig. | |
Sechs Wochen, sagen Katastrophenforscher, halten sich Meldungen über solche | |
Desaster in den Medien. Dann werden sie zu Randnotizen. Das Muster | |
bestätigt sich auch bei Fukushima. | |
Dabei ist es wenig bedeutsam, wie wichtig ein Ereignis ist oder wie viel | |
wir wissen. Inzwischen fließen die Informationen aus Fukushima besser als | |
zu Beginn der Krise, und sie geben wenig Anlass zur Entspannung. | |
Sie zeigen, wie ahnungslos die Ingenieure sind und wie konstant wackelig | |
die Situation an den Reaktoren ist, doch es gibt (zumindest bis jetzt) | |
keine Bilder mehr, in denen etwas explodiert. Und während die | |
Aufmerksamkeit massiv nachlässt, steigen die Strahlenbelastungen und die | |
Gefährlichkeit der Katastrophe weiter an. | |
Ein bisschen Medienschelte ist durchaus angebracht. Aber der wirkliche | |
Grund zur Beunruhigung liegt tiefer: Wenn wir nicht einmal beim Super-GAU | |
der Atomkraft unser Interesse nachhaltig konzentrieren können, zeigt das, | |
wie schlecht wir mit Risikotechnologien umgehen können. | |
Deshalb ist die beste Lösung für dieses Dilemma, aus diesen Techniken | |
auszusteigen. Das kurze Fenster der Möglichkeiten, das Fukushima geboten | |
hat, haben die alten und neuen Atomgegner in Deutschland bisher mit Bravour | |
genutzt: Moratorium, Ausstieg, Wahl in Baden-Württemberg. | |
Man kann der neuen deutschen Volksfront zum Atomausstieg mit Recht | |
skeptisch gegenüberstehen. Aber sie ist die richtige Antwort auf das | |
Vergessen und Verdrängen rund um Fukushima. | |
24 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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