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# taz.de -- Auswirkungen der Extremismuserklärung: Dann lieber kein Geld
> Initiativen gegen Rechtsextremismus verweigern die von Kristina Schröder
> (CDU) geforderte Gesinnungsprüfung. Sie verzichten lieber auf eine
> Förderung.
Bild: Fördert das Denunziantentum: Bundesfamilienministerin Kristina Schröder…
DRESDEN taz | Die Bindung der Bundesförderung für Demokratieprojekte an
eine Verfassungstreue- und Antiextremismuserklärung führt bundesweit zu
einer Spaltung zivilgesellschaftlicher Initiativen. Aus mehreren
Bundesländern werden Fälle bekannt, in denen Vereine auf Förderung
verzichten, um sich dieser überwachungsstaatlichen Maßnahme zu entziehen.
Es geht vor allem um Projekte, die von den Programmen "Vielfalt tut gut"
und "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" des Bundesfamilienministeriums
gefördert werden. In Bayern hat das Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus
die verlangte Treueerklärung nicht unterschrieben. Damit entfallen das
Projekt "Spurensuche in Fürth" und eine Bildungsreise von Jugendlichen nach
Auschwitz.
In Leipzig erhielt das "Conne Island" zwar einen positiven Förderbescheid
von 7.500 Euro für ein Geschichtsprojekt, rechnet aber damit, dass diese
Mittel wegen der verweigerten Unterschrift nicht fließen werden. "Wir
weigern uns, unsere Partner auszuspionieren und dabei den abstrusen
Extremismusdefinitionen staatlicher Behörden zu folgen", sagte
Vereins-Geschäftsführer Sebastian Kirchner.
## Keine Förderung, keine Projekte
Dabei werden dem soziokulturellen Zentrum "Die VILLA" in Leipzig die Mittel
gestrichen. Wegen der Unterschriftsverweigerung wird hier ein Projekt
sterben, in dem Jugendliche eigene Rap-Songs über ihr Umfeld verfassen.
Nach 21 Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit mit den Behörden will man nicht
beweisen müssen, "dass wir jetzt zu den Guten gehören", sagte
Geschäftsführer Oliver Reiner.
In Hamburg hat die Bezirksversammlung von Mitte schon am 21.April einen
Antrag von SPD und GAL beschlossen, der den Bezirksamtsleiter auffordert,
sich bei den Bundesministerien für einen Verzicht auf die Klausel
einzusetzen. Sie befürchten, dass die Bezirke in die Gefahr geraten,
etwaige Rückforderungsansprüche des Bundesministeriums auffangen zu müssen.
In Berlin ist der Verein "Offensiv 91" betroffen. Dort wird in mehreren
Stadtteilen der Ausstieg aus den lokalen Aktionsplänen erwogen.
Sachsen setzt hingegen noch eins drauf. Den ersten und vergleichsweise spät
ausgereichten Förderbescheiden liegt ein Hinweisblatt bei. Dem ist zu
entnehmen, dass Veranstalter nicht nur für die Verfassungstreue ihrer
Partner bürgen, sondern von diesen ebenfalls eine Unterschriftsleistung
einholen müssen, sofern sie gegen Entgelt referieren oder mitwirken.
Ausgenommen sind Freistaatsbedienstete und Kirchenvertreter.
Diese Weitergabe der Gesinnungsprüfung und der damit verbundene erhöhte
bürokratische Aufwand für das überwiegend ehrenamtliche Engagement führen
nicht nur in Sachsen zu verstärkter Frustration. "Das schadet dem Kampf
gegen rechts", konstatiert Timo Reinfrank von der Berliner Amadeu Antonio
Stiftung. Leute seien zunehmend demotiviert. Manche, vor allem größere
Träger neigten dazu, sich aus stillem Protest zurückzuziehen. Vor allem
aber werde ein Klima des Ausspähens und der Denunziation geschürt.
Bundesfamilienministerin Kristian Schröder (CDU) hatte dazu aufgefordert,
sich im Internet über seine Projektpartner zu informieren.
Das Verfahren stößt auch bei Politikern der Regierungsparteien auf Kritik.
Dem Vernehmen nach soll auch der neue Stasi-Bundesbeauftragte Roland Jahn
gedrängt worden sein, wegen der Parallelen zu DDR-Erfahrungen bei der
Bundesregierung zu intervenieren.
18 May 2011
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Schwerpunkt Thüringen
Schwerpunkt Rechter Terror
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