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# taz.de -- Bekämpfung des "Extremismus": Staatsknete nur gegen Treueschwur
> Das sächsische Innenministerium will von allen geförderten Vereinen und
> Initiativen eine Antiextremismuserklärung verlangen. Selbst von
> Fußballvereinen und Feuerwehren.
Bild: Im vergangenen Februar gab sich Dresden weltoffen, nun will man in Sachse…
DRESDEN taz | Das sächsische Innenministerium will künftig von allen
geförderten Initiativen und Vereinen eine Verfassungstreueerklärung
verlangen - gekoppelt an die Absage der Zusammenarbeit mit "Extremisten".
Man wolle dabei über die Bundesprogramme und die vom Landesprogramm
"Weltoffenes Sachsen" geförderten Initiativen hinausgehen, sagte
Ministeriumssprecher Frank Wend. "Quer durch alle Ministerien" könne eine
solche Erklärung beispielsweise auch von Fußballvereinen oder Freiwilligen
Feuerwehren verlangt werden. Dafür müsse möglicherweise das Haushaltsgesetz
geändert werden.
Am 9. November war es in der Dresdner Frauenkirche zu einem Eklat gekommen,
als das Alternative Kultur- und Bildungszentrum Pirna den ihm zugedachten
sächsischen Demokratiepreis wegen dieser verlangten Erklärung ablehnte. Die
zweimalige Bundespräsidentschaftskandidatin Gesine Schwan (SPD) hatte
damals als Laudatorin vor einer "Kultur des Misstrauens" gewarnt, wenn
solche Initiativen bei ihren Partnern eine Gesinnungsprüfung vornehmen
sollen.
Das Bundesfamilienministerium verlangt bereits seit dem 1. Oktober für
seine Programme "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" und "Initiative
Demokratie stärken" eine solche Erklärung. Demnach müssen sich nicht nur
die Projektträger selbst zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung
bekennen, sondern auch ihre Partner überprüfen. Im Bundesinnenministerium
wird die Erklärung vom kommenden Jahr an für das Programm "Zusammenhalt
durch Teilhabe" verbindlich.
Der weit darüber hinausgehende Vorstoß des sächsischen Innenministeriums
ist indessen im Freistaat selbst noch nicht mit den anderen Ressorts
abgestimmt worden. "Das Thema ist hier nicht bekannt", sagt der Sprecher
des Finanzministeriums. Auch im Sozialministerium, über das die
Förderprogramme der Jugendarbeit laufen, betont man die Initiativrolle des
Innenministeriums. Unter den infrage kommenden Dachverbänden weiß
beispielsweise auch der Landessportbund noch nichts von dieser Absicht.
Auf der Innenministerkonferenz am 18. November war der sächsische Vorstoß
ebenfalls kein offizielles Thema. Sachsens Ressortchef Markus Ulbig (CDU)
hat aber in Gesprächen am Rande für eine bundeseinheitliche Bindung
staatlicher Förderung an die umstrittene Treueerklärung geworben. Mit wenig
Erfolg, wie zu erfahren ist.
Sein Kollege Holger Hövelmann (SPD) aus Sachsen-Anhalt lehnt ein solches
Verfahren seit Längerem ab. Als ein "Unding" bezeichnet sein Sprecher die
verlangte Unterschrift, die Fördermittelempfänger spalte und in erhebliche
Schwierigkeiten bringe. "Wir werden so etwas nicht fordern."
Das renommierte Kulturbüro Sachsen, das seit zehn Jahren Initiativen gegen
Rechtsextremismus begleitet, hat unterdessen ein Gutachten zum Text der
verlangten Erklärung in Auftrag gegeben. Voraussichtlich zu Beginn der
zweiten Dezemberwoche wird sich der Staats- und Verfassungsrechtler Ulrich
Battis von der Humboldt-Universität Berlin dazu äußern.
Wie vorab zu erfahren war, beanstandet er das verlangte Bekenntnis zum
Grundgesetz und zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht. Nicht
haltbar sei hingegen der zweite Teil, der von den zivilgesellschaftlichen
Initiativen eine Überprüfung ihrer Partner auf extremistische Tendenzen
verlangt.
5 Dec 2010
## AUTOREN
Michael Bartsch
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