# taz.de -- Südsudan in Alarmstimmung: Westerwelle im Anmarsch | |
> Menschenrechtler sprechen von "ethnischen Säuberungen" durch Nordsudans | |
> Armee. Den UN-Blauhelmen wird vorgeworfen, dass sie nicht eingreifen und | |
> die Übergriffe verhindern. | |
Bild: Flüchtlingscamp in der der Nähe der Provinzhauptstadt Kadugli. | |
BERLIN taz | Vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen zwischen Nord- und | |
Südsudan reist Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) am Mittwoch für | |
zwei Tage in den Sudan. Bei Gesprächen in den beiden Hauptstädten Khartum | |
und Juba sowie El Fasher, Hauptstadt der Provinz Nord-Darfur, will sich | |
Westerwelle nach amtlichen Angaben auf den Schlüsselmonat Juli vorbereiten, | |
in dem Deutschland dem UN-Sicherheitsrat vorsitzt - und in dem am 9. Juli | |
Südsudan seine Unabhängigkeit ausrufen soll. | |
Es sei "keine Schönwetterreise", hieß es aus Regierungskreisen in Berlin. | |
Denn je näher der 9. Juli rückt, desto lauter sprechen zwischen Nord- und | |
Südsudan wieder die Waffen. | |
Nach der Eroberung der zwischen beiden Teilstaaten umstrittenen Ölregion | |
Abyei im Mai startete Nordsudans Armee vor einer Woche eine Offensive im | |
benachbarten Bundesstaat Süd-Kordofan, bei der es nach südsudanesischen | |
Berichten zu Massenhinrichtungen und "ethnischen Säuberungen" gegenüber | |
Angehörigen des Nuba-Volkes gekommen sein soll. | |
Die Nuba in den Nuba-Bergen kämpften während des Südsudan-Krieges gemeinsam | |
mit Südsudans Guerilla SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee), die | |
Südsudan heute regiert, leben sich aber auf nordsudanesischem Gebiet. Im | |
Mai hatte bei Gouverneurswahlen in Süd-Kordofan der bisher regierende | |
SPLA-Vertreter das Amt an den ehemaligen nordsudanesischen Minister Ahmed | |
Haroun verloren, der vom Internationalen Strafgerichtshof wegen | |
Kriegsverbrechen in Darfur gesucht wird. | |
Haroun verfügte daraufhin den Abzug aller SPLA-Einheiten aus Süd-Kordofan, | |
aber zu diesen gehören hier auch Nuba, die in der Provinz heimisch sind. | |
## Luftangriffe und Massenhinrichtungen | |
Mit Luftangriffen gegen Nuba-Dörfern, Hausdurchsuchungen, Straßensperren, | |
Massenverhaftungen und Massenhinrichtungen hätten Nordsudans Streitkräfte | |
seitdem eine "Völkermordkampagne" eingeleitet, berichtete am Montag die | |
Kampagnenorganisation "Sudan Democracy First Group" und veröffentlichte | |
eine Namensliste mit Mordfällen. | |
Rund 100.000 Menschen seien auf der Flucht, 10.000 hätten Schutz am | |
UN-Gelände in der Provinzhauptstadt Kadugli gesucht, aber die UN-Blauhelme | |
würden selbst bei Tötungen und Entführungen direkt vor ihrem Gelände nicht | |
eingreifen, hieß es. | |
Die Gruppe verlangte die Einrichtung einer Flugverbotszone über | |
Süd-Kordofan durch den UN-Sicherheitsrat. Gestern nachmittag zirkulierten | |
Berichte über Luftangriffe auf den von Vertriebenen überlaufenen Ort Kauda | |
in den Nuba-Bergen. | |
Es werden auch nordsudanesische Luftangriffe im südsudanesischen | |
Bundesstaat Unity gemeldet. Südsudans Armee meldete am Sonntag den Abschuss | |
zweier nordsudanesischer Kampfflugzeuge, was der Norden dementierte. | |
14 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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