# taz.de -- Grenzkonflikt im geteilten Sudan: Nord und Süd reden wieder | |
> Nach dem Einmarsch Nordsudans verhandeln die Regierungen in Khartum und | |
> Juba über die umstrittene Grenzregion Abyei. Die AU erwägt, | |
> Friedenstruppen zu schicken. | |
Bild: Gestrandet in Turalei: Sie flohen vor den Angriffen Nordsudans auf Abyei. | |
KAMPALA taz | Der erste Schritt zu einer friedlichen Lösung im | |
innersudanesischen Konflikt um die umstrittene Grenzregion Abyei ist getan. | |
Beide Seiten verhandeln miteinander, statt den Zwist militärisch | |
auszutragen. Vergangenes Wochenende trafen sich Südsudans Vizepräsident | |
Riek Machar und sein Amtskollege aus dem Norden, Ali Osman Taha, in Sudans | |
Hauptstadt Khartum. Auch in Äthiopiens Hauptstadt Adis Abeba, Sitz der | |
Afrikanischen Union (AU), trafen sich in den vergangenen Tagen Vertreter | |
von Nord und Süd. | |
Eine Erklärung der AU vom Dienstag besagt, Nord und Süd hätten sich auf | |
eine demilitarisierte Zone entlang der umstrittenen Grenze geeinigt. Es sei | |
durchaus möglich, dort AU-Friedenstruppen zu stationieren, um die Zone zu | |
kontrollieren. Äthiopiens Regierung zieht in Betracht, diese Truppen zu | |
stellen. | |
Das Nachbarland unterhält sowohl zum Norden als auch zum Süden gute | |
Beziehungen. Ein gemeinsames Komitee, bestehend aus den | |
Verteidigungsministern, Geheimdienstchefs und Armeekommandeuren beider | |
Seiten, soll eingerichtet werden. Dieses soll am Tag vor der offiziellen | |
Unabhängigkeit des Südens am 9. Juli die Verwaltung von Abyei übernehmen. | |
## Am 21. Mai marschierte Nordsudans Armee ein | |
Der Norden spielt jedoch diesen Vorschlag herunter. Es sei nur ein Plan von | |
vielen, die diskutiert wurden. Khartums Regierungssprecher Rabi Atti sagte | |
gegenüber der New York Times am Mittwoch: "Bislang wurde noch keine | |
Vereinbarung getroffen." Der Norden besteht darauf, dass Südsudans Armee | |
SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) alle Truppen aus den vom Norden | |
beanspruchten Gebieten abzieht und diese südlich des Kiir-Flusses | |
stationiert. | |
Der Fluss gilt als die 1956 von britischen Kolonialherren gezogene | |
innersudanesische Grenze. Die umstrittene Stadt Abyei in der gleichnamigen | |
Region liegt nördlich des Flusses. Am 21. Mai war dort Nordsudans Armee | |
einmarschiert, hatte die Lehmhütten aus der Luft bombardiert und die Brücke | |
über den Kiir zerstört. | |
Laut der UN-Flüchtlingskommission (UNHCR) sind mittlerweile etwa 60.000 | |
Flüchtlinge aus Abyei registriert worden. UNHCR-Sprecher Adrian Edwards | |
berichtete nach einem Besuch vor Ort, die Stadt sei "geradezu leer". Lokale | |
Klanführer schätzen die Zahl der getöteten Zivilisten auf über 100. | |
## Eine seit Jahren umstrittene Stadt | |
Abyei war bereits während des Bürgerkrieges von 1983 bis 2005 der Zankapfel | |
zwischen der SPLA-Rebellenorganisation, die jetzt Südsudans Armee bildet, | |
und der Zentralregierung in Khartum. Die fruchtbaren Weideflächen am | |
Kiir-Fluss sind sowohl für die Bauern des Volks der Dinka-Ngok im Süden als | |
auch für die Nomadenstämme im Norden, die Misseriya, lebenswichtig. | |
Der Kampf um Abyei hat vor allem symbolischen Charakter. Über die | |
Zugehörigkeit sollte laut dem 2005 von beiden Seiten unterzeichneten | |
Friedensabkommen durch ein Referendum entschieden werden. Doch dieses fand | |
nie statt, weil man sich nicht über den Staatsbürgerstatus der | |
Misseriya-Nomaden einigen konnten. | |
Ähnliche Konflikte gibt es in den ebenfalls umstrittenen Regionen Blue Nile | |
und Südkordofan mit den Nuba-Bergen. Khartums Regierung besteht darauf, | |
dass der Süden alle Truppen aus diesen Gebieten nördlich des Kiirs abzieht. | |
Doch SPLA-Sprecher Philip Aguer sagt: "Wir haben dort keine Truppen, das | |
sind Menschen aus Blue Nile und Nuba." Tatsächlich hat der Süden während | |
des Bürgerkriegs dort lokale Milizen aufgerüstet. | |
Khartums Regierung hat der UNO unterdessen klargemacht, sie müsse bis zur | |
Unabhängigkeit Südsudans abziehen. Deren Mandat im Sudan endet am selben | |
Tag. Laut UNO werden derzeit Vorbereitungen getroffen, Personal und | |
Ausrüstung per Schiff auf dem Nil von Khartum in Südsudans Hauptstadt Juba | |
zu transportieren. Die UNO müsse dann mit der unabhängigen Republik | |
Südsudan ein Mandat vereinbaren. | |
3 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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