# taz.de -- Funkzellenauswertung Dresden: Riesiger Datenpool | |
> Das Gesetz ist im Falle der Datenspeicherung in Dresden auf der Seite der | |
> Handynutzer: Eine Funkzellenabfrage vom Dresdner Ausmaß ist | |
> unverhältnismäßig. | |
Bild: Laut Gesetz nicht erlaubt: Eine Funkzellenauswertung von Dresdner Ausmaß. | |
FREIBURG taz | Nach dem Bericht der sächsischen Minister zeichnet sich ab, | |
dass die Funkzellenabfrage von vornherein unverhältnismäßig war und nicht | |
hätte genehmigt werden dürfen. So genügt es nicht, den Zeitraum der | |
Erfassung "minutengenau" zu bestimmen, wenn das Zeitfenster insgesamt | |
mehrere Stunden beträgt. Auch die "räumliche Einschränkung" war großzügig, | |
wenn mehr als 60.000 Personen telefoniert haben. | |
Überhaupt nicht berücksichtigt wurde, dass die Funkzellenabfrage eine | |
grundrechtlich geschützte Demonstration und mehrere Gegendemonstrationen | |
betraf. Wenn hier alle Telefonate und SMS gespeichert werden, dann können | |
umfassende Kommunikationsbilder erstellt werden. Hinzu kommt, dass an | |
diesem Tag viele Journalisten erwartet wurden, deren Kommunikation gleich | |
miterfasst wurde. | |
Bei der Frage, ob ein so großer Datenpool überhaupt entstehen soll, ist | |
zudem zu beachten, dass die Daten später relativ frei verwendet werden | |
können, nach Paragraf 477 der Strafprozessordnung ohne weitere richterliche | |
Prüfung. So können die Daten an den Verfassungsschutz gegeben werden. Auch | |
kann die Polizei die Daten zur Abwehr erheblicher Gefahren (etwa bei der | |
nächsten Demo) auswerten. Oder sie kann die Daten für andere Ermittlungen | |
verwenden. Soweit bei kleinen Delikten ein Einsatz als Beweismittel vor | |
Gericht ausgeschlossen ist, kann die Polizei diese Daten aber als | |
Ermittlungsansatz nutzen und bei Betroffenen etwa eine Hausdurchsuchung | |
durchführen. | |
Gegen die Verhältnismäßigkeit spricht auch, dass die Polizei offenbar kein | |
klares Konzept hatte, was sie mit den Daten im ursprünglichen | |
Ermittlungsverfahren (Landfriedensbruch) machen wollte. Nach wenig | |
einleuchtenden Kriterien ("Häufung von Telefonaten") wurden rund 400 | |
Personen als überprüfungswürdig festgestellt. Wie man aus diesem Kreis von | |
vermutlich überwiegend harmlosen Personen die Täter herausfiltern will, | |
haben die Minister nicht mitgeteilt. Kein Wunder, dass bei den Ermittlungen | |
wegen Landfriedensbruch keine Erfolge präsentiert wurden. | |
Möglicherweise wurde hier also nur ein Vorwand genutzt, um einen | |
gigantischen Datenpool über die Kommunikation innerhalb der linken und | |
rechten Szene anzulegen. | |
24 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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