# taz.de -- Kommentar Datenskandal in Dresden: Die Lehren aus dem Skandal | |
> Dresden sollte ein Anlass sein, über die Vorratsdatenspeicherung zu | |
> debattieren. Denn wie viel Freiheitseinschränkung nehmen wir hin und wie | |
> viel Sicherheit bekommen wir dafür? | |
Man muss der sächsischen Polizei fast schon dankbar sein. Indem sie im | |
Februar bei einer der größten Anti-Nazi-Demos Europas die Handy-Daten von | |
hunderttausenden Bürgern überwacht hat, hat sie jedem klargemacht, was es | |
bedeuten würde, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Nur dass es dann | |
nicht mehr um hunderttausende von Daten ginge, sondern um Milliarden und | |
Abermilliarden. | |
Wer hat wann mit wem telefoniert? Wer hat von wo aus gesimst? Wer wem eine | |
E-Mail geschickt? All das soll nach dem Willen der Union sechs Monate | |
gespeichert werden, ohne Anlass, auf Halde - und so verlangt es eigentlich | |
auch eine EU-Richtlinie, der sich die FDP bisher aber tapfer widersetzt. | |
Noch. | |
Innenminister und Sicherheitsbehörden haben in den letzten Wochen eine | |
regelrechte Kampagne gestartet. Die Rede ist von einer Schutzlücke, die | |
ohne die Vorratsdatenspeicherung entstanden sei. Von Terror-Gefahren, die | |
man womöglich nicht mehr abwehren könne, und schweren Straftaten wie | |
Kindesmissbrauch, die sich ohne Vorratsdatenspeicherung nur schwer | |
aufklären ließen. | |
Wer da von Bürgerrechten oder Datenschutz spricht, wird schnell als | |
Täterschützer diffamiert. Oder wie Justizministerin | |
Leutheusser-Schnarrenberger als "Sicherheitsrisiko" beschimpft. | |
Doch der Überwachungsskandal von Dresden hat nicht nur gezeigt, was für ein | |
Datengebirge angehäuft würde, wenn man die Verbindungen aller 82 Millionen | |
Bürger speichern ließe. Dresden hat auch gezeigt, dass solche Sammlungen | |
immer Begehrlichkeiten über ihren Zweck hinaus wecken. Denn dort hat die | |
Polizei die Daten nicht nur eingesetzt, um schwere Straftaten aufzuklären - | |
sondern auch um gegen Demo-Störer vorzugehen. | |
Es lohnt sich, noch mal das Urteil des Verfassungsgerichts hervorzukramen, | |
das 2010 den ersten Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung gestoppt hat. Das | |
anlasslose Speichern von Telekomverbindungen, hieß es dort, könne "ein | |
diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins" hervorrufen, das eine | |
"unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte" beeinträchtigen könne. | |
Dresden sollte ein Anlass sein, noch mal eine große Debatte über die | |
Vorratsdatenspeicherung zu führen. Und die geht an den Kern: Wie viel | |
Freiheitseinschränkung sind wir bereit hinzunehmen - und wie viel mehr | |
Sicherheit bekommen wir dafür wirklich? | |
27 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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