Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hella von Sinnen über die Frauen-WM: „Das ist schon ein Augensch…
> Fußball- und Entertainment-Expertin Hella von Sinnen zieht im Gespräch
> mit Ines Pohl ihre persönliche WM-Bilanz. Sie lobt die Anzüge von Silvia
> Neid und die neue Qualität des Frauenfußballs.
Bild: Mag keine rotzenden Mädchen: Hella von Sinnen
taz: Ines Pohl, guten Tag …
Hella von Sinnen:... von Sinnen. Sie wollen mich also sprechen zum Thema
Frauenfußball. Doch nur, weil ich lesbisch bin, oder?
Wie kommen Sie denn darauf?
Warum sonst?
Ich rufe Sie an in Ihrer Eigenschaft als kluge, feministische Komödiantin
mit großem Sachverstand für Inszenierung und Wirkung.
Aha.
Wenn Sie uns etwas zu Ihrem spezifisch lesbischen Zugang zur WM sagen
wollen: gerne. Welche gefällt Ihnen denn am besten?
Nun, es ist schon Hope Solo. Natürlich auch, weil ich dann immer so schön
mitsingen kann: „Hope, Joana, Hope Joana …“ Und sie macht diese tollen
Bewegungen auf der Torlinie. Das ist schon ein Augenschmaus.
Meine Eingangsfrage: Was war diese WM für Sie, Frau von Sinnen?
Nun, ich habe Freude. Ich bin zwar nicht so hysterisch im WM-Fieber wie
voriges Jahr mit den Männern in Südafrika. Da hatte meine Gattin kleine
Tiere im Drogeriemarkt gekauft, Strauße, Löwen, Giraffen – und die
Dekoration war dann schon sehr raumbestimmend.
Mit einem deutschen Adler in Plaste?
Einen amerikanischen mit deutscher Flagge, das schon. Aber ich muss
zugeben, zu Beginn der WM waren wir sehr in der Endphase unseres Buches, da
haben wir nur die deutschen Spiele gesehen. Und waren auch gut gelaunt, bis
die Japanerinnen uns rausgespielt haben. Aber natürlich waren wir zum Ende
voll dabei und auf der Straße unterwegs. Ich finde, der Frauenfußball ist
mittlerweile sehr intensiv und niveauvoll. Entsprechend ärgere ich mich im
Moment schon wieder komplett, dass die ARD-“Sportschau“ und auch das ZDF
sich weigern, wöchentliche Beiträge der deutschen Bundesligafußballerinnen
zu senden.
Klare Forderung von Ihnen: Frauenfußball in die Sportschauen?
Natürlich! Es geht hier ständig um die Zweite und Dritte Liga der Männer –
und über den Mädchenfußball wird überhaupt nicht berichtet.
Haben wir jetzt einen neuen Frauenfußball gesehen – einen, bei dem die
Spielerinnen kämpfen, weinen, schreien. Ist das eine neue Dimension?
Ich glaube, neu ist die technische Versiertheit. Ich weiß, dass ich bei der
letzten Mädchen-WM noch gedacht habe, ach Kinder, ich weiß aber nicht, ob
ich da jetzt ein Fan von werde. Und da waren unsere Frauen extrem dominant.
Ich dachte, die Deutschen sind die Einzigen, die begriffen haben, wie das
Spiel funktioniert. Da hat sich jetzt etwas geändert.
Machen es die Frauen den Männern damit nach?
Nun, ich glaube, das Spiel kann man nicht anders spielen. Die Frauen sind
eben auch athletischer geworden. Dass damit allerdings auch die
Verletzungsrate deutlich höher wird, finde ich natürlich nicht gut.
Auf Blutgrätschen stehen Sie nicht?
Nein, die sollen sich nicht gegenseitig von den schönen Beinen holzen, wie
die Nigerianerinnen das ja getan haben. Und noch was find ich nicht schön.
Das werden Sie uns erzählen!
Ich war schon sehr traurig, dass jetzt auch die Mädchen anfangen, auf den
Rasen zu rotzen. Diese Emanzipationsbestrebungen brauche ich nicht.
Haben Sie mit einem solchen TV-Quotenerfolg gerechnet?
Ja, das habe ich. Klar, das ist alles hochgehängt worden – mit dem
Sommermärchen und dem Sommermädchen. Die Deutschen hatten auch wieder
tierisch Bock auf Feiern. Aber der Hauptgrund für den Erfolg ist meiner
Meinung nach die Tatsache, dass das einfach anspruchsvoller Fußball ist.
Wer gerne Fußball schaut, der guckt auch gerne Frauenspiele. Das ist wie
damals mit dem Tennisspielen. Wir haben Steffi Graf doch genauso gerne
geschaut wie Boris Becker.
Sie meinten, es sei kein Wunder, dass die deutschen Frauen dem Druck nicht
standhielten, weil sie diese krasse Aufmerksamkeit nicht gewohnt sind. Wie
gehen Sie selbst mit Druck um?
Ich leide massiv unter Lampenfieber, immer noch. Ich glaube, der Trick ist,
den Druck in Spielfreude umzuwandeln: Wenn ich in großen Hallen auftrete,
dann mache ich mir klar, wie privilegiert ich bin, auftreten zu dürfen und
dass ich in diesem Land lebe. Mit Hilfe des Applauses versuche ich den
Druck in Freude und Euphorie umzuwandeln. Und wenn man dann Talent hat,
dann klappt das auch.
Als Kennerin des Eurovision Song Contest verfolgen sie seit Jahren, wie man
einen Wettbewerb gewinnen kann, in dem es an der Spitze qualitativ sehr eng
zugeht. Was ist Ihr Tipp für alle, die gewinnen wollen?
Absolut entscheidend ist die berühmte Motivation. Ich bin aber wirklich
keine Leistungssportlerin und kann nicht beurteilen, wie das im Sport ist.
Wenn man dieses Motiviertsein, vielleicht auch dieses Rauschhafte, das
Auf-den-Punkt-da-Sein betrachtet: Sah in dieser Hinsicht die deutsche Elf
nicht eher unterkühlt aus?
Ja, ich hatte den Eindruck, dass die Mädchen auf dem Platz eine Blockade im
Kopfe hatten.
Silvia Neid und rauschhafte Freudigkeit – so recht geht das nicht zusammen,
oder?
(Lacht) Sie hat immer schöne Anzüge an. Und Jogi Löw ist ja auch nicht
gerade das Feiertier. Sind beide so Businessmanager, hat man das Gefühl.
Conny [Hellas Frau Cornelia Scheel, d. Red.] ruft gerade aus der Küche,
dass sich wenigstens unsre Kanzlerin schön freuen kann.
Eine gute Brücke zu meiner letzten Frage: Welche wärs denn jetzt, die Sie
auf eine einsame Insel mitnehmen würden?
Ach Gottchen, am liebsten die schwedische Trainerin der Amerikanerinnen.
Die ist ganz toll und erinnert mich einfach an „Ferien auf Saltkrokan“.
18 Jul 2011
## AUTOREN
Ines Pohl
Ines Pohl
## TAGS
Fußball
Frauenfußball
Fußball-WM
Frauen-WM
Fußballweltmeisterschaft
WM 2011 – Mixed Zone
Fußball
Fußball
Fußball
Fußball
Fußball
WM 2011 – Mixed Zone
Fußball
WM 2011 – Mixed Zone
Fußball
WM 2011 – Mixed Zone
## ARTIKEL ZUM THEMA
TV-Ikone Hella von Sinnen wird 60: Krass und verdienstvoll
Hella von Sinnen ist ein Geschöpf ohne Kunstgetue und mit künstlerischem
Vermögen. Sie gilt als schräg, schrill, laut, undamenhaft. Glückwunsch!
US-Botschafter Murphy über die WM: „Das letzte Ding musst du reinmachen“
US-Botschafter Philip D. Murphy ist schwer enttäuscht von der Niederlage
der USA. Aber auch schwer begeistert vom Turnier. Und hofft auf einen
kräftigen Schub für den US Soccer.
Die WM-Reportertournee: Die Fifa rief, und die Fans folgten
Drei Wochen lief die Willkommensmaschine hochtourig – das
Goodwill-Unternehmen namens Frauenfußball. Szenen eines perfekten Turniers.
Die US-Girls nach der WM: Die Kleineren waren einfach besser
Die Amerikanerinnen spielten so gut wie nie bei dieser WM. Und fanden ihre
Meisterinnen in einem Team, das den Sieg noch dringender wollte.
Japan ist Weltmeisterin: Bescheiden und gewitzt
Die Japanerinnen waren gewillt zu gewinnen. Und entgegen gängiger Klischees
präsentierten sie sich während des Turniers locker und unbeschwert.
Spielsysteme im Frauenfußball: Prima Renaissance des Liberos
Klug gingen viele TrainerInnen mit den Möglichkeiten des Frauenkicks um und
reaktivierten antiquierte Modelle. Nicht jedoch die deutschen.
Japan ist Weltmeisterin: Jaaaaaaaaa-pan!
Mit 3:1 im Elfmeterschießen werden die Japanerinnen zum ersten Mal
Weltmeisterin. Zweimal holten sie zuvor den Rückstand gegen die
US-Amerikanerinnen wieder auf.
Medienpolitik während der WM: Verband macht Vorschriften
Der DFB hat während der Frauenfußball-WM so ziemlich alle
Spielerinnen-Interviews glattgebügelt und entmenschlicht. Mit beamtenhafter
Sturheit.
Schwedinnen sind WM-Dritte: Noch einmal harte Arbeit
Mit 2:1 in einem gar nicht locker-leichten Spiel erreicht Schweden gegen
die Französinnen Platz drei. Die Sinsheimer feiern, als wär's ein Heimsieg.
Fünf Nordkoreanerinnen bei der WM gedopt: Der Moschushirsch sollte helfen
Fünf nordkoreanische Spielerinnen sind positiv auf Doping getestet worden.
Die Erklärungen, wie das verbotene Mittel in den Urin gekommen sein soll,
haben skurrile Züge.
Fans beim Frauenfußball: „Wir randalieren nicht“
Trotz des schwachen Abschneidens der Deutschen wird die WM den
Frauenfußball und die Fankultur voranbringen, meint Ludwig Guril vom
Fanklub des 1. FFC Frankfurt.
DFB und Frauenfußball: „Unsere Zielgruppe: Familien und Alte“
Hannelore Ratzeburg, Frauenchefin im Fußballverband, findet, dass
Frauenfußball im „Zeitalter des Normalen“ angekommen ist. Kritik an Silvia
Neid findet sie doof.
Frauenfußball in der Sportschau: Alles Lüge!
Die ARD dementiert einen Bericht, demzufolge Frauenfußball bald in der
"Sportschau" laufe. Die Vereine wären dafür sofort bereit, am Samstag zu
spielen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.