# taz.de -- Spielsysteme im Frauenfußball: Prima Renaissance des Liberos | |
> Klug gingen viele TrainerInnen mit den Möglichkeiten des Frauenkicks um | |
> und reaktivierten antiquierte Modelle. Nicht jedoch die deutschen. | |
Bild: Sins sie jetzt klüger? Die Deutschen nach dem Aus | |
BERLIN taz | Nein, Frauenfußball ist kein anderer Sport als Männerfußball. | |
Natürlich nicht. Fußball ist Fußball. Doch einen handfesten Unterschied | |
konnten wir ausmachen im Vergleich mit der von Männern betriebenen | |
Variante. | |
Es ist (noch) so, dass die Mehrzahl der Torfrauen den Strafraum so wenig | |
beherrscht, dass ein Stilmittel zum Tragen kommt, das im Männerfußball | |
undenkbar wäre: Flanken durch den Fünfmeterraum, gerne auch mit | |
Unterschnitt geschlagen, unter denen die Torfrauen so verlässlich | |
hindurchtauchen, dass der Ball nur noch ins Tor genickt werden muss. Eine | |
schlichte Angriffsform, so banal wie effektiv. Und ganz einfach den | |
Realitäten auf dem Platz angepasst: dem, was ist. | |
Dieser einfallsreiche Pragmatismus ließ sich auch sonst im Turnier | |
beobachten, und er brachte einen bemerkenswerten Variantenreichtum an | |
Spielformen mit sich. Es war und ist so, dass nicht alle TrainerInnen auf | |
15 oder 20 perfekt ausgebildete Spielerinnen zurückgreifen konnten, mit | |
denen sich jedes beliebige Spielsystem umsetzen ließe. Folglich mussten sie | |
Unwuchten ausgleichen und taktische Lösungen finden, die über die bekannten | |
Schablonen hinausgehen. | |
Im Ergebnis gab es mehr zu sehen als die vermeintlichen Standards des | |
internationalen Männerfußballs. Mehr als den Wettstreit zwischen dem auf | |
möglichst viel Ballbesitz setzenden Spiel und dem, welches das schnelle | |
Umschalten von Abwehr auf Angriff predigt. Mehr als die altbekannten | |
Versuche, „Räume eng zu machen“. Mehr gar als die als konkurrenzlos | |
erachtete Abwehrviererkette. | |
So verhalfen etwa die Brasilianerinnen der Position des Liberos zur | |
Renaissance, und die Mannschaft aus Äquatorialguinea bediente sich der | |
eigentlich antiquierten Manndeckung – gegen Marta. Wichtig ist hier | |
festzuhalten, dass diese Maßnahmen durchaus Sinn ergaben. Und es ist kein | |
Zufall, dass alle vier Teams, die das Halbfinale erreichten, im bieder | |
anmutenden 4-4-2 aufliefen, keine aber im als gemeinhin als am flexibelsten | |
erachteten 4-2-3-1. So spielten die Deutschen und schieden aus. | |
Die TrainerInnen zeigten mithin eine gedankliche Flexibilität, die dazu | |
anregt, das Spiel über das Turnier hinaus weiterzudenken. Nicht | |
schablonenhaften Vorstellungen zu verhaften, wie Fußball zu sein hat, in | |
vermeintlicher Gewissheit darüber, welche Interpretation des Spiels die | |
richtige ist. | |
18 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominik Wehgartner | |
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