# taz.de -- Die US-Girls nach der WM: Die Kleineren waren einfach besser | |
> Die Amerikanerinnen spielten so gut wie nie bei dieser WM. Und fanden | |
> ihre Meisterinnen in einem Team, das den Sieg noch dringender wollte. | |
Bild: Hopeless: Am Ende hat es nicht gereicht für Abby Wambach | |
FRANKFURT/MAIN taz | Ganz groß haben sie aufgespielt, die Fußballerinnen | |
aus den USA. Es war ihr bester Auftritt bei diesem Turnier. Sie wähnten | |
sich auf einer historischen Mission. Wollten ihrer Nation die Liebe zum | |
Frauenfußball zurückgeben. Gespielt haben sie wie Missionarinnen, die die | |
Botschaft von der Schönheit des Kraftfußballs in die Welt hinaussenden | |
wollten. Ballannahme, Körpertäuschung, ein Sprint an der Gegnerin vorbei, | |
ein Pass in Schussgeschwindigkeit, Ballannahme, Körpertäuschung, ein Sprint | |
in Richtung Tor, Schuss. Daneben. | |
Vor allem in der ersten Halbzeit des Finales gegen Japan spielte das | |
US-Team wie im Rausch. 0:0. Torlos ging es in die Pause. Unglaublich. Eine | |
Stunde und 45 Minuten später war alles vorbei. Shannon Boxx, Carli Lloyd | |
und Tobin Heath scheiterten vom Strafstoßpunkt. 3:5 nach Elfmeterschießen. | |
Verheulte Gesichter in der Mixed Zone eine Stunde nach der | |
Siegerinnenehrung. „Ich war mir so sicher, dass wir gewinnen.“ Christie | |
Rampone, die Kapitänin, hat es nicht geschafft, zum zweiten Mal nach 1999 | |
Weltmeisterin zu werden. Sie ist der Kopf der US-Abwehr. Sie ist eine | |
jener, die es verbockt haben. Vor dem Ausgleich der Japanerinnen zum 1:1 | |
herrschte Chaos im Strafraum. Viel fällt ihr dazu nicht ein. „Das ist | |
Fußball.“ Niemand, der ihr widersprechen würde. | |
Gefasst nach der schockierenden Niederlage ist einzig Abby Wambach. Die | |
hätte um ein Haar schon wieder mit einem Kopfballtreffer ein Spiel | |
entschieden. In der 104. Minuten der Verlängerung traf sie zum 2:1. Warum | |
hat das nicht gereicht? „Ich glaube, dass die japanische Nation, die so | |
viel mitgemacht hat in den letzten Monaten, den Sieg mehr gebraucht hat als | |
unsere Nation. Deshalb ist das schon in Ordnung.“ | |
## Irrwitziger Aufwand | |
Das Spiel ist eine Stunde vorbei, und Abby Wambach, eine der unglücklichen | |
Verliererinnen, sortierte dieses unglaubliche Spiel, das die USA zweimal | |
auf der Siegerstraße sah, in das Große und Ganze dieser Welt ein. Da glaubt | |
eine an den gerechten Fußballgott, ohne den, so sah es kichernd der | |
japanische Trainer Norio Sasaki, Japan wohl nicht Weltmeister geworden | |
wäre. | |
„Wir haben eine Silbermedaille gewonnen“, beteuerte Pia Sundhage, die | |
schwedische Trainerin der US-Frauen. Geglaubt hat sie es wohl selbst nicht. | |
„Ich hoffe, dass ich das in ein paar Wochen auch noch so empfinden kann“, | |
sagte sie, der das Spiel ihrer Mannschaft diesmal richtig gut gefallen hat. | |
Ja, sie haben gespielt, die Amerikanerinnen. Dass sie kämpfen können, | |
hatten sie schon in den Partien zuvor gezeigt, am Sonntag konnte jeder | |
sehen, dass diese Kraftpakete mehr als nur rennen können. | |
Und doch war das Laufen wieder die Hauptzutat ihres Spiels. War Japan im | |
Ballbesitz, rannten fast immer zwei Amerikanerinnen zur ballführenden | |
Spielerin. Sie betrieben einen irrwitzigen Aufwand, um das japanische | |
Passspiel zu verhindern. Kein Wunder, dass sie sich ein wenig zurücknehmen | |
wollten, als sie in Führung waren. Sie hätten es nicht tun sollen. Beide | |
Male nicht. | |
Dem Ganzen musste Hope Solo bis zum Elfmeterschießen beinahe tatenlos | |
zusehen. Als letzte der Amerikanerinnen schlich sie frisch und dick | |
geschminkt an den Journalisten vorbei. Viele Fans hatten für sie eine | |
Heldinnenrolle vorgesehen. Keiner Spielerin waren so viele Transparente | |
gewidmet wie der US-Torhüterin, die es nach dem verlorenen Finale nicht | |
geschafft hat, so zu tun, als könne sie sich über die Auszeichnung als | |
beste Torhüterin des Turniers wirklich freuen. | |
Kurz zuvor hatte sie mit ansehen müssen, wie ihre japanische Kollegin Ayumi | |
Kaihori zur Heldin der WM wurde – vor allem beim Showdown am Elfmeterpunkt | |
zum Schluss des Finales. Ganz leise hauchte Solo den Reportern zu: „Japan | |
hatte etwas Größeres auf seiner Seite.“ Sie konnte sich offenkundig nicht | |
erklären, was geschehen war an diesem Abend. | |
18 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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