# taz.de -- Ausbau erneuerbarer Energien: Ökostrom ohne Plan | |
> Jedes Bundesland wurstelt beim Ausbau erneuerbarer Energien so vor sich | |
> hin. Die Verbraucherzentrale fordert deshalb Absprachen, sonst drohen | |
> teure Fehlinvestitionen. | |
Bild: Wollen keine neuen Stromtrassen akzeptieren: Demonstranten in Hannover. | |
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert eine bessere | |
Koordinierung zwischen Bund und Ländern beim Ausbau erneuerbarer Energien. | |
"Sonst könnten wir 2020 die Situation haben, dass im Norden alles | |
vollgebaut ist und es im Süden gar keinen Bedarf mehr gibt", warnte der | |
Energieexperte des Verbands, Holger Krawinkel, gegenüber der taz. | |
Dadurch könnten noch mehr neue Stromleitungen nötig sein, um vor allem | |
Windenergie aus Norddeutschland in den Süden zu transportieren, sagte | |
Krawinkel. Bund und Länder sollten deshalb in einem Staatsvertrag | |
verbindlich regeln, in welchen Regionen wie viele Anlagen zur Erzeugung von | |
Ökostrom entstehen sollen. | |
Hintergrund ist eine Umfrage der Deutschen Energie-Agentur (Dena) unter den | |
Bundesländer. Demnach werden wesentlich mehr neue Windräder geplant, als | |
bisher angenommen. Die installierte Leistung könnte sich bis 2020 von | |
aktuell 27 auf bis zu 68,5 Gigawatt erhöhen. Auch Dena-Chef Stephan Kohler | |
erwartet deshalb noch mehr Stromtrassen. In einer Studie zum Ausbaubedarf | |
der Stromnetze, die als Grundlage der Planungen in Deutschland gilt, hatte | |
die Dena ursprünglich für das Jahr 2020 nur mit 37 Gigawatt Windleistung | |
gerechnet. | |
## Leitungen bauen, die keiner braucht? | |
Zudem haben die Netzbetreiber keine Sicherheit, wo wie viele neue Windräder | |
gebaut werden. Dadurch könne es zu Fehlinvestitionen ins Stromnetz kommen, | |
befürchtet Krawinkel. "Die Netzbetreiber könnten Leitungen bauen, die man | |
so gar nicht braucht", sagte der Verbraucherschützer. Das erhöhe die Kosten | |
und beschädige die wichtige Akzeptanz durch die Bürger. Daran mangelt es | |
bereits heute. | |
Bundesweit verzögert sich der Ausbau der Netze, weil viele betroffene | |
Anwohner dagegen sind. In Thüringen berufen sich Bürgerinitiativen bei | |
ihrem Protest auf ein Gutachten, das die Notwendigkeit der neuen | |
Höchstspannungstrasse durch den Thüringer Wald infrage stellt. Die Kosten | |
für die Leitungen plus Gewinn für deren Betreiber landen nach einem von der | |
Bundesnetzagentur festgelegten Satz bei den Stromkunden. | |
Vorgaben, wo in Deutschland die Anlagen errichtet werden, gibt es bisher | |
nicht. Das Bundesumweltministerium verteidigt diese Praxis. "Aus heutiger | |
Sicht gibt es keinen Änderungsbedarf", sagte ein Ministeriumssprecher. Die | |
vier großen Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland versuchen ebenfalls | |
den Zuwachs an Ökoenergie in ihrem Netz abzuschätzen und bis Juni 2012 der | |
Bundesnetzagentur einen Netzentwicklungsplan vorzulegen. | |
Die gibt am Dienstag bekannt, wie die Öffentlichkeit bei der Planung der | |
Netzes beteiligt werden soll. Die Hoffnung auf weniger Stromleitungen durch | |
mehr Windräder im Süden dämpfen die Netzbetreiber bereits: Bei starkem Wind | |
in Norddeutschland und einer Flaute im Süden müsste der Strom trotzdem | |
durch Deutschland transportiert werden, sagte Rainer Joswig, Vorstand der | |
baden-württembergischen EnBW Transportnetze AG. | |
18 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Manuel Berkel | |
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