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# taz.de -- Italien und Spanien geraten unter Druck: Analysten rechnen mit Mond…
> Die Zinsen steigen ständig. Also wird in der EU erneut hinter den
> Kulissen verhandelt. Was passiert, wenn die Ansteckungsangst losgeht?
> Vier Szenarien sind denkbar.
Bild: Ein-Euro-Laden Europa? Mit den Zinsen geht's wohl erstmal aufwärts.
BERLIN taz | Die Eurokrise verschärft sich erneut: Spanien und Italien
müssen inzwischen weit mehr als 6 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie
10-jährige Kredite aufnehmen wollen. Zum Vergleich: Portugal nahm den
EU-Rettungsschirm in Anspruch, als die Zinsen auf über 7 Prozent stiegen.
Die neue Eurokrise setzt eine hektische Diplomatie in Gang: Am Mittwoch
trafen sich Italiens Finanzminister Giulio Tremonti und Eurogruppen-Chef
Jean-Claude Juncker in Luxemburg, vermieden aber klare Stellungnahmen. "Wir
werden unsere gemeinsame Meditation fortsetzen", sagte Juncker nur.
Die Nervosität ist inzwischen so groß, dass Italiens Premierminister Silvio
Berlusconi am Mittag eine Rede zur Lage der Nation auf 17.30 Uhr verschob –
wenn die Mailänder Börse schon geschlossen ist.
## Neue Ansteckungsgefahr
Die neue Unruhe auf den Finanzmärkten ist deswegen so bedrohlich, weil
genau diese "Ansteckungsgefahr" eigentlich mit dem Brüsseler EU-Gipfel am
21. Juli vermieden werden sollte. Damals wurden nicht nur umfangreiche
Griechenland-Hilfen beschlossen, sondern gleichzeitig wurde der
EU-Rettungsschirm EFSF auch mit neuen Kompetenzen ausgestattet. So darf er
künftig Staatsanleihen von Euroländern aufkaufen, die auf den Finanzmärkten
unter Druck geraten. Eine solche Intervention würde die Zinsen für Spanien
und Italien sofort nach unten drücken. EU-Kommissionspräsident José Manuel
Barroso sicherte am Mittwoch noch einmal zu, diesen Brüsseler Beschluss
"ohne Verzögerung" umzusetzen. Die nationalen Parlamente müssen jedoch noch
zustimmen.
Die plötzliche Panik der Investoren können die EU-Politiker "nicht
nachvollziehen". Und in der Tat: Seit Jahren ist bekannt, dass Italien
knapp 2 Billionen Euro Schulden hat – etwa 120 Prozent seiner jährlichen
Wirtschaftsleistung. Auch das schwache Wachstum ist nicht neu. Zudem sind
die Schulden im vergangenen Jahrzehnt kaum noch gestiegen. Denn Italien ist
eines der wenigen Euroländer, das unbeschadet durch die Finanzkrise
gekommen ist: Die heimischen Banken hatten nicht in faule Wertpapiere
investiert.
Trotzdem rechnen Bankanalysten damit, dass die Zinsen für Italien demnächst
auf 7 Prozent steigen könnten. Was dann? Vier Szenarien sind denkbar.
## Vier Szenarien
Erstens: Italien nimmt wie Griechenland den EU-Rettungsschirm in Anspruch.
Dies scheidet aber bisher aus, weil der Finanzbedarf Italiens oder Spaniens
den EFSF überfordern würde.
Zweitens: Der Umfang des EFSF, der momentan maximal 440 Milliarden Euro
auszahlen kann, wird erhöht. Aber auch diese Variante ist faktisch
unmöglich. Noch größere Garantiesummen würden die meisten Euroländer
überfordern. Ihr Rating würde sinken, was ihre Zinskosten in die Höhe
treiben würde.
Drittens: Es werden Eurobonds eingeführt - also Staatsanleihen, die alle
Euroländer gemeinsam herausbringen. Dann ließe sich nicht mehr gegen
einzelne Länder spekulieren.
Viertens: Die Europäische Zentralbank (EZB) sichert zu, dass sie die
Staatsanleihen der Euroländer aufkauft, für die sich kein Investor findet.
Eine solche Ankündigung würde die Zinsen sofort nach unten drücken. Bisher
sträubt sich EZB-Chef Jean-Claude Trichet gegen diese Lösung. Dabei ist es
in den USA und in Großbritannien selbstverständlich, dass die dortigen
Notenbanken die Staatsanleihen ihrer Regierung erwerben.
3 Aug 2011
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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