Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Eurokrise wütet weiter: Sommergrippe am Mittelmeer
> Das Griechenland-Rettungspaket sorgte nur für eine kurze Atempause. Die
> Krise greift auf Italien, Spanien und Zypern über – und teils auch auf
> deren Regierungen.
Bild: Wohin rollt der Euro? Das wissen auch die Demonstranten in Spanien nicht.
BERLIN taz | Mit ihrem 159 Milliarden Euro schweren Rettungspaket für
Griechenland wollten die Euro-Regierungschefs vor anderthalb Wochen endlich
Ruhe in die Finanzmärkte bringen. Doch die Atempause währte nur kurz. In
den vergangenen Tagen griff die Krise auf Italien, Spanien und neuerdings
auch Zypern über. Auf Länder also, die anders als Portugal und Irland
bislang nicht unter dem Schutz des europäischen Rettungsschirms stehen. Und
mit Italien und Spanien auf die dritt- beziehungsweise viertgrößte
Volkswirtschaft der Eurozone.
Am Freitag drohte die Ratingagentur Moody's, die Kreditwürdigkeit Spaniens
herabzustufen. Als Begründung dient ausgerechnet das
Griechenland-Rettungspaket. Durch die vorgesehene Beteiligung privater
Gläubiger könnten sich auch für Käufer spanischer Staatsanleihen die
Bedingungen verschlechtern.
Für Spanien würde sich dadurch die Aufnahme neuer Schulden deutlich
verteuern. Unter diesem Druck kündigte Ministerpräsident José Luis
Rodríguez Zapatero daraufhin für den November vorgezogene Neuwahlen an.
Spanien hat sich nach wie vor nicht von der Immobilienkrise erholt, und die
Arbeitslosenrate hält mit fast 21 Prozent den EU-Rekord.
Auch Zypern, seit 2008 Mitglied des Euro-Clubs, sehen die Ratingagenturen
inzwischen kritisch. Nach Moody's senkte nun auch Standard & Poor's die
Bewertung zypriotischer Staatsanleihen auf nur mehr knapp über
Ramschniveau. Auslöser war die verheerende Explosion in einem
Munitionslager vor drei Wochen.
Doch auch ohne diese ist die wirtschaftliche Lage miserabel. Zu einer hohen
Verschuldung, die nächstes Jahr auf 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
steigen dürfte, komme eine enge Verflechtung des Finanzsektors mit den
griechischen Banken hinzu. Die Regierung in Nikosia trat am Donnerstag
zurück. Den Rettungsschirm will das Land nicht in Anspruch nehmen.
## Staatsanleihen mit 6 Prozent Zinsen
Italien wiederum bekam auch ohne Einmischung der Ratingagenturen das
geballte Misstrauen der Investoren zu spüren. Um an neues Geld zu kommen,
musste der italienische Staat für neue Staatsanleihen am Donnerstag fast 6
Prozent Zinsen bieten. Bei etwas über 7 Prozent musste etwa Portugal unter
den Euro-Rettungsschirm kriechen.
Inzwischen deuteten Regierungsvertreter an, Italien könne sich womöglich
nicht an der im September anstehenden nächsten Hilfszahlung für
Griechenland beteiligen. Spekulationen über einen Rücktritt von
Finanzminister Giulio Tremonti, der als Garant des italienischen Sparkurses
gesehen wird, sorgten für weitere Verunsicherung.
Infolge dieser Entwicklungen verlor der Euro gegenüber dem US-Dollar am
Freitag fast 1 Prozent an Wert. Trotz der drohenden Zahlungsunfähigkeit der
US-Regierung erscheinen Investoren US-Staatsanleihen immer noch als die
weniger unsichere Geldanlage. Denn wie sich jetzt gerade wieder gezeigt
hat: Das Griechenland-Rettungspaket trägt nichts zu einer langfristigen
Lösung der europäischen Schuldenkrise bei.
Die, so sieht es auch der New Yorker Wirtschaftswissenschaftler und
Krisenexperte Nouriel Roubini, könne allenfalls aus einer echten Union
bestehen: mit gemeinsamer Wirtschaftspolitik, aber vor allem auch der
gemeinsamen Verwaltung von Steuereinnahmen und Schulden. Da aber weder
Politiker noch Wähler dies wollten, könnte die Eurozone in den nächsten
fünf Jahren kollabieren.
31 Jul 2011
## AUTOREN
Nicola Liebert
## ARTIKEL ZUM THEMA
Krisen-Manifest von der Spinelli-Gruppe: Die letzten Europäer
Die Spinelli-Gruppe fordert mehr Integration im europäischen
Wirtschaftsraum. Doch gegen ihre Parteikollegen in den Nationalstaaten
haben die Europäer es schwer.
EZB stemmt sich gegen die Krise: Brandbrief von EU-Präsident Barroso
Erstmals seit März kauft die Zentralbank wieder Staatsanleihen auf –
Deutschland kritisiert das. Sogar Ratingagenturen hatten solche Maßnahmen
verlangt.
Italien und Spanien geraten unter Druck: Analysten rechnen mit Mondzinsen
Die Zinsen steigen ständig. Also wird in der EU erneut hinter den Kulissen
verhandelt. Was passiert, wenn die Ansteckungsangst losgeht? Vier Szenarien
sind denkbar.
Neuwahlankündigung schürt Unsicherheit: Moody's will Spanien herabstufen
Ratingagenturen haben angekündigt, Spaniens Kreditwürdigkeit herabzustufen.
Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Konjunktur schwach. Und nun sind auch
noch Kredite teurer geworden.
Ökonom Schulmeister zu EU-Institutionen: "Verblüffend lernfähig"
Die Ergebnisse des Euro-Gipfels haben Stephan Schulmeister überrascht. Für
ihn sind sie ein erster Sieg über die Finanzmärkte, die Eurozone werde zur
Wirtschaftsregierung.
Volkswirtin zur Euro-Krise: "Deutschland braucht eine Inflation"
Noch fünf Jahre bleiben dem Euro, wenn es so weitergeht - mit verheerenden
Folgen. Es fehlt eine europäisch koordinierte Lohnpolitik, meint die
Volkswirtin Friederike Spiecker.
Euro-Krisengipfel in Brüssel: Die Rettung ist nah
Die Eurozone plant ein neues Rettungspaket für Griechenland und kalkuliert
dabei eine Pleite mit ein. Banken und Fonds sollen sich beteiligen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.