# taz.de -- Nach dem Gäfgen-Urteil: Kritik und Verständnis | |
> Das Urteil des Landgerichts Frankfurt findet Befürworter und Kritik. Es | |
> zieht eine Grundsatzdebatte nach sich – auf gesetzlicher und moralischer | |
> Ebene. | |
Bild: Das Land Hessen muss Gäfgen 3000 Euro zahlen – das finden viele in Ord… | |
FRANKFURT/MAIN dpa | Das Gerichtsurteil, das dem Kindermörder Magnus Gäfgen | |
Geld vom Staat wegen einer Folterdrohung im Polizeiverhör zuspricht, löst | |
eine Grundsatzdebatte aus. Die Opposition im Bundestag weist die | |
Unions-Kritik an der Entschädigung für den verurteilten Mörder zurück. | |
Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) hatte gesagt, das Urteil sei für | |
ihn nur schwer nachvollziehbar und stoße in der Öffentlichkeit auf | |
Unverständnis. | |
Der Grünen-Rechtsexperte Jerzy Montag sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: | |
"In einem Rechtsstaat dürfen von der Polizei keine unlauteren, unsauberen | |
Mittel angewendet werden." Geschehe das dennoch, sei der Betroffene für das | |
erlittene Unrecht zu entschädigen. Insofern habe die Justiz konsequent | |
gehandelt. | |
Der Linke-Justizexperte Wolfgang Neskovic sagte dem selben Blatt, das | |
Urteil sei "der Preis für unseren Rechtsstaat". Androhung von Folter dürfe | |
es auch bei einem Mörder nicht geben. Der Staat könne nicht Gleiches mit | |
Gleichem vergelten wollen. Das Urteil sei deshalb "unvermeidlich", sagte | |
der frühere Richter am Bundesgerichtshof. | |
Das Land Hessen muss Gäfgen [1][3000 Euro Entschädigung] zahlen. Die | |
Regierung des Landes will das schriftliche Urteil prüfen und dann | |
entscheiden, ob sie die nächste Instanz anruft. | |
## Kauder fordert eine Gesetzesänderung | |
In der Rhein-Neckar-Zeitung verteidigte der Vorsitzende des | |
Rechtsausschusses des Bundestages, Siegfried Kauder (CDU), das Urteil: | |
"Wenn wie hier eine verbotene Verhörmethode angewendet worden und eine | |
psychische Schädigung die Folge ist, besteht ein Schmerzensgeldanspruch", | |
sagte er. "Das mag moralisch verwerflich sein, aber rechtlich gibt es da | |
[2][nichts zu beanstanden]." | |
Kauder forderte jedoch eine Gesetzesänderung. Fraglich sei, ob | |
Schmerzensgeld und Entschädigungen an den Täter fließen müssten. "Wir | |
sollten das Opferanspruchssicherungsgesetz ändern, damit auch | |
Schmerzensgeldansprüche von Tätern an die Opfer oder ihre Angehörigen | |
übergehen können." Bisher sorge das Opferanspruchssicherungsgesetz dafür, | |
dass Honorare an die Opfer übergehen, wenn Täter ihre Geschichte verkaufen. | |
Gäfgen hatte Ende September 2002 den Bankierssohn Jakob von Metzler | |
entführt und eine Million Euro Lösegeld von den Eltern gefordert. Er | |
erstickte den Elfjährigen und versteckte ihn in einem See. Die Polizei nahm | |
Gäfgen nach drei Tagen fest und hoffte noch, der Junge lebe. Vier Tage nach | |
der Entführung nannte Gäfgen im Verhör ein falsches Versteck; Polizisten | |
drohten ihm danach mit Folter. | |
Der Vater des Ermordeten, der Bankier Friedrich von Metzler, sagte der | |
Bild-Zeitung: "Das Urteil empört mich zutiefst, wir verstehen das nicht. | |
Auf die Begründung bin ich sehr gespannt. Es ist alles so bedrückend - | |
besonders auch für die Polizisten." | |
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, | |
mahnte in der Passauer Neuen Presse, Ermittlungsbeamte "dürften jetzt nicht | |
noch weiter in ihren rechtlichen Rahmenbedingungen verunsichert werden". | |
Für Polizisten sei das Urteil "ein sehr schwieriger Moment". Man dürfe | |
nicht nur über psychische Folgen beim Täter reden, "sondern auch über die | |
psychischen Folgen für die Ermittler und vor allem die Angehörigen des | |
Opfers". | |
5 Aug 2011 | |
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