Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar zum Gäfgen-Urteil: Unpopulär, aber richtig
> Der verurteilte Kindsmörder Magnus Gäfgen bekommt 3000 Euro als
> Entschädigung. Das mag moralisch fragwürdig sein, rechtlich aber ist es
> völlig korrekt.
Nein, populär ist dieses Urteil sicher nicht. "Jetzt bekommt Gäfgen, das
Schwein, auch noch Schadenersatz", so dürften sich viele empören. Da
entführt und tötet einer ein Kind, um Lösegeld zu kassieren - und nachdem
er scheitert, verklagt er eben den Staat, weil dieser sich auch nicht
korrekt verhalten habe.
Doch das Urteil ist völlig korrekt. 3.000 Euro Entschädigung hat ihm jetzt
das Landgericht Frankfurt zugesprochen - als Ausgleich dafür, dass ihm
Frankfurts damaliger Vizepolizeichef Wolfgang Daschner bei der dramatischen
Suche nach dem entführten Kind im Verhör Gewalt androhen ließ.
Das Gericht berief sich auf den Grundsatz: Wenn der Staat die Menschenwürde
verletzt, muss es eine Entschädigung geben - und dieses Prinzip muss im
Rechtsstaat auch für einen Kindsmörder wie Magnus Gäfgen gelten. Es ist
schließlich gerade das Wesen der Menschenwürde, dass sie allen Menschen
zusteht - ohne Rücksicht auf ihre Verdienste, ihren Sympathiegrad oder die
Verbrechen, die sie begangen haben.
Das Schadenersatz-Urteil schmälert aber die Schuld Gäfgens nicht im
Geringsten. Er bleibt ein Mörder, der aus Habgier einen unschuldigen Jungen
qualvoll tötete. Dafür wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. Sie wird
auch nicht nach 15 Jahren enden, weil das Gericht damals eine "besondere
Schwere der Schuld" festgestellt hat.
Dass er nun vor Gericht Erfolg hatte, rechtfertigt seine Klage zwar
juristisch, aber nicht moralisch. Gäfgen und sein Anwalt argumentieren zwar
damit, dass sie Rechtsprinzipien verdeutlichen und politische Verwicklungen
aufklären wollen. In der mündlichen Verhandlung ging es aber vor allem um
die Befindlichkeit von Magnus Gäfgen. Voller Selbstmitleid scheint er immer
wieder aufs Neue beweisen zu müssen, dass auch er ein Opfer ist. Das kann
man ihm aber kaum verbieten. Es ist eine Frage der Ethik, nicht des Rechts.
Unter dem Strich bleibt, dass auch die Frankfurter Zivilrichter sich ganz
eindeutig gegen die Anwendung von Folter ausgesprochen haben - auch wenn es
darum geht, eine konkrete Gefahr abzuwehren. Jeder, der über den Einzelfall
hinausdenkt, weiß: Wenn in den Polizeiwachen erst einmal die
Folterwerkzeuge für Notfälle bereitliegen, dann gibt es bald kein Halten
mehr. Denn Entführungen gibt es viele - und Verdächtige auch.
5 Aug 2011
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Familie
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gewalt gegen Kinder: Wie sicher ist die Familie?
Wenn in Deutschland Kinder ermordet werden, sind fast immer die Eltern die
Täter. Die einzige gute Nachricht: Die Anzahl dieser Morde sinkt.
Entschädigung wegen Folterandrohung: 3.000 Euro für Magnus Gäfgen
Das OLG Frankfurt bestätigt: Der Kindermörder Magnus Gäfgen, dem die
Polizei Folter androhte, erhält 3.000 Euro vom Land Hessen.
Urteil gegen Gäfgen: Gerecht, so gut es eben geht
Weil dem Kindesmörder Magnus Gäfgen eine Entschädigung zugesprochen wurde,
sind viele Menschen empört. Verständlich. Doch die Entscheidung ist keine
Schande.
Gäfgen-Anwalt Heuchemer: "Wichtiges präventives Signal"
Warum er Kindsmörder Gäfgen vertritt? Er höre "immer wieder", dass
Verdächtige beim Polizeiverhör gequält würden, erklärt Anwalt Michael
Heuchemer im taz-Interview.
Nach dem Gäfgen-Urteil: Kritik und Verständnis
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt findet Befürworter und Kritik. Es
zieht eine Grundsatzdebatte nach sich – auf gesetzlicher und moralischer
Ebene.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.