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# taz.de -- Urteil wegen Folterdrohung: Gäfgen bekommt Schmerzensgeld
> 3000 Euro bekommt der verurteilte Kindsmörder Magnus Gäfgen vom Land
> Hessen. Nach dem Mord an dem 11-jährigen Jakob von Metzler hatten ihm
> Beamte mit Folter gedroht.
Bild: Das Gericht sieht Gäfgens Menschenwürde verletzt.
FRANKFURT/MAIN dpa/afp/dapd | Das Land Hessen muss dem verurteilten
Kindsmörder Magnus Gäfgen 3000 Euro Schmerzensgeld für die Folterdrohung in
einem Polizeiverhör zahlen. Das hat das Landgericht in Frankfurt am
Donnerstag entschieden. Gäfgen hatte 10.000 Euro und einen Schadenersatz in
unbekannter Höhe gefordert.
Die Kammer wies die Forderung nach Schadenersatz ab, ebenso einen
Befangenheitsantrag des Anwalts. Das Vorgehen der Ermittler sei eine
"schwerwiegende Rechtsverletzung" und könne nicht auf andere Weise
befriedigend ausgeglichen werden als durch die Zahlung einer Entschädigung,
sagte der Vorsitzende Richter Christoph Hefter.
Beide Polizisten hätten mit ihren Drohungen vorsätzlich gehandelt und nicht
alle übrigen Wege ausgeschöpft, um Gäfgen zum Reden zu bringen. Die
Beamten, die Gäfgen im Verhör Gewalt androhten, waren bereits 2004 zu
Geldstrafen auf Bewährung verurteilt worden.
Gäfgen hatte 2002 den Bankierssohn Jakob von Metzler entführt und ermordet.
Die Polizei hatte nach Gäfgens Festnahme mit ihrer Drohung im Verhör den
entführten Bankierssohn noch retten wollen. Die Leiche des Kindes war dann
allerdings wenig später aus einem Tümpel geborgen worden.
Gäfgens Anwalt hatte zuletzt noch einen Befangenheitsantrag gegen die
zuständige Kammer gestellt. Die Kammer habe sich bereits vorab festgelegt,
ohne wichtige Unterlagen zu berücksichtigen, hatte der Anwalt argumentiert.
Den Antrag wies das Gericht kurz vor der Urteilsverkündung zurück. Der
Jurist habe diesen nur "rechtsmissbräuchlich" eingesetzt. Gäfgens Anwalt
sagte dazu, das Urteil sei "bereits dem Tode geweiht". Das Gericht sei mit
dem Befangenheitsantrag falsch umgegangen.
Seine Schmerzensgeldforderung begründet Gäfgen mit psychischen Spätfolgen,
unter denen er wegen der Folterdrohungen leide. Ein Gutachter hatte aber
nicht eindeutig sagen können, ob Gäfgens Probleme vor allem darin
wurzelten, denn immerhin sei seine Lebenslüge zusammengebrochen, die
Lebensperspektive zerstört und er habe den Tod seines elf Jahre alten
Opfers miterlebt.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die Entschädigungszahlung
kritisiert. Das Urteil des Landgerichts sei emotional nur sehr schwer
erträglich, erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut am
Donnerstag in Berlin. "Diese dicke Kröte muss jedoch unter dem
Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit geschluckt werden", fügte er hinzu.
Die Entscheidung dürfe jedoch nicht zur Folge haben, dass die Polizei in
Vernehmungen nicht mehr intensiv nachfragen dürfe, betonte Witthaut.
4 Aug 2011
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