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# taz.de -- Britische Polizei: Oft Probleme mit der Balance
> Entweder zu zurückhaltend oder zu brutal: Die britische Polizei steht in
> der Kritik. Und das nicht erst seit den jüngsten Krawallen in London und
> anderen Städten.
Bild: Mal ist die britische Polizei zu zurückhaltend - mal geht sie zu heftig …
LONDON taz | Unbewaffnet und mit einem eiförmigen Hut auf dem Kopf,
Passanten freundlich grüßend und hier und da ein Schwätzchen haltend -
ungefähr so sieht das Idealbild des Bobbys, des britischen Polizisten, aus.
Andererseits sorgt die britische Polizei immer wieder für Diskussionen. So
etwa bei den Studentenprotesten im vergangenen Jahr. Dabei schien es, als
tue sich die Londoner Polizei schwer, eine angemessene Balance zu finden.
Zunächst war sie kaum präsent, Randalierer stürmten die konservative
Parteizentrale, legten Feuer, und einer warf einen Feuerlöscher vom Dach.
Aber bei der folgenden Demonstration im Dezember preschten berittene
Polizisten durch die Menge, prügelten auf einen Rollstuhlfahrer ein und
hielten mehrere hundert Studenten bis 11 Uhr nachts in der Kälte auf einer
Brücke über die Themse fest.
Eine ähnliche Entwicklung nahmen die Einsätze in den zurückliegenden Tagen.
Während in der ersten Nacht des Krawalls am Samstag in [1][Tottenham] hielt
sich die Polizei zurück und war kaum präsent. Am Dienstag hat die Polizei
ihr [2][Aufgebot in London stark erhöht] und ging in anderen Städten härter
vor. Fünf Polizisten sollen angeblich einen offenbar unbeteiligten
Radfahrer in einer Nebenstraße in Manchester zusammengeschlagen haben. Das
zeigt ein Video, das am Mittwoch auf YouTube hochgeladen wurde, berichten
die britischen Medien.
## "Die Polizei muss aufhören, ihre Fehler vertuschen zu wollen"
Anders als in Deutschland gibt es in Großbritannien eine Behörde neben der
Polizei, die Polizeigewalt untersucht, die Independent Police Complaints
Commission (IPCC). Nicht nur das britische Polizeimodell, auch die IPCC
steht in den vergangenen Tagen stärker unter Druck, denn das Vertrauen in
die Wahrhaftigkeit der Polizei hat die Bevölkerung verloren. Zu
systematisch habe die Polizei in der Vergangenheit versucht, die
Öffentlichkeit mit Fehlinformationen abzuspeisen. "Die Polizei muss
aufhören, ihre Fehler vertuschen zu wollen", fordert der Independent in
einem Leitartikel.
Der Fall des Todes von Mark Duggan während seiner Verhaftung ist nur der
jüngste in einer Reihe ähnlicher Fälle. Dieselbe Polizeieinheit stünde
schon länger in der Kritik, sagt Helen Shaw vom Verband Inquest, der
Todesfälle in Polizeigewahrsam untersucht. 2005 starben zwei Männer unter
ähnlichen Umständen wie jetzt Mark Duggan. Die Untersuchungen der IPCC sind
teilweise noch nicht abgeschlossen. "Damit die Londoner ihrer Polizei
vertrauen können, muss die Wahrheit über diese Tode ans Licht", sagt Helen
Shaw.
Die Zahl der Toten bei Polizeiaktionen ist allerdings seit mehr als zehn
Jahren rückläufig, wie aus einem Bericht der IPCC aus dem vergangenen Jahr
hervorgeht. 2001 gab es insgesamt 30 Tote und 2,4 Fälle pro 100.000
Verhaftungen, 2009 starben insgesamt 15 Menschen im Zusammenhang mit
Polizeiaktionen bei einer Quote von einem Todesfall pro 100.000
Verhaftungen. Bei fast der Hälfte aller Todesfälle von Schwarzen ist die
Polizei entweder direkt beteiligt oder anwesend. Bei Weißen beträgt diese
Rate 4 Prozent.
12 Aug 2011
## LINKS
[1] /Unruhen-in-London-Tottenham/!75841/
[2] /Sondersitzung-des-britischen-Parlaments/!76086/
## AUTOREN
Johannes Himmelreich
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Überwachung
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