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# taz.de -- Gedenkfeier für die Toten der Riots: Die drei Helden von Birmingham
> Tausende gedenken der drei pakistanischstämmigen Männer, die von
> mutmaßlichen Plünderern getötet wurden. Es war der Vater eines der Opfer,
> der Rache verhinderte.
Bild: Gedenkfeier für die Toten im Summerfield Park, Birmingham.
DUBLIN taz | Rund 5000 Menschen hatten sich versammelt, um ihre Solidarität
auszudrücken. "Vereintes Birmingham, eine Stadt, eine Stimme für den
Frieden" stand auf einem Transparenz über der Bühne im Summerfield Park. Im
nahen Stadtviertel Winson Green von Englands zweitgrößter Stadt waren in
der Nacht zum Mittwoch letzter Woche drei junge Asiaten von einem Auto über
den Haufen gefahren worden, als sie versuchten, Läden und die Moschee vor
Plünderern zu schützen.
Am Sonntag nachmittag Punkt 16 Uhr 07 (Ortszeit) legten die Menschen in dem
ärmlichen Stadtteil, von dessen 25.000 Einwohnern drei Viertel aus
Pakistan, Indien oder der Karibik stammen, eine Schweigeminute für den
21-jährigen Haroon Jahan, den 30-jährigen Shazad Ali und seinen ein Jahr
älteren Bruder Abdul Musavir ein. Alle drei sind in Birmingham geboren,
ihre Eltern stammen aus einem kleinen Ort in Pakistan.
Der Tod der dreien hatte Ängste geweckt, die Unruhen der vergangenen Wochen
könnten in interethnische Gewalt zwischen Asiaten und Schwarzen ausarten,
wie es sie in Birmingham bereits mehrfach gegeben hat. Es war Haroon Jahans
Vater Tariq, ein ehemaliger radikaler Islamist, der Racheakte verhinderte,
indem er die Menschen wenige Stunden nach dem Tod seines Sohnes zur Ruhe
aufrief, damit nicht noch weitere Leute zu Schaden kommen.
"Ich beschuldige niemanden", hatte er gesagt. "Ich beschuldige nicht die
Polizei, ich beschuldige nicht die Regierung. Ich bin ein Muslim. Ich
glaube an das göttliche Schicksal". Und weiter: "Warum tun wir das? Wenn
ihr eure Söhne verlieren wollt, meldet euch. Wenn nicht, beruhigt euch und
geht nach Hause."
## "Es geht hier nicht um den Islam"
Am Sonntag sagte der 46jährige auf der Gedenkfeier, zu der auch die gesamte
politische Prominenz Birminghams erschienen war: "Die Demonstration der
Einheit gibt mir Kraft. Behaltet die drei Männer, die ihr Leben für die
Gemeinschaft gaben, in Erinnerung." Er erinnerte daran, dass jetzt der
islamische Fastenmonat Ramadan stattfindet, und dankte den Menschen, die
ihm aus der ganzen Welt geschrieben haben, um ihn moralisch zu
unterstützen. Einige muslimische Organisationen hatten sich beschwert, dass
bei der Gedenkfeier Musik gespielt wurde. "Es geht hier nicht um den
Islam", sagte Jahan. "Das ist eine Gemeinschaft, wir sind für alle hier."
Seit Donnerstag ist in der Innenstadt von Birmingham ein Transporter
unterwegs, auf den ein mehr als sechs Quadratmeter großer Bildschirm
montiert ist. Darauf werden Bilder von Überwachungskameras ausgestrahlt,
die Plünderer in Großaufnahme zeigen. Insgesamt hat die Polizei in
Birmingham und Umland mehr als 500 Menschen festgenommen.
Am Sonntagabend wurde ein dritter Mann wegen des Mordes an den drei jungen
Männern angeklagt. Neben dem 23-jährigen Adam King sind bereits der
26-jährige Joshua Donald sowie ein 17-jähriger, dessen Name nicht
veröffentlicht werden darf, weil er minderjährig ist, angeklagt worden.
Drei weitere Männer, die an der Tat beteiligt gewesen sein sollen, kamen
gegen Kaution vorerst frei.
Premierminister David Cameron hatte vorige Woche die Brennpunkte der
Unruhen besucht, unter anderem auch Birmingham. "Sie haben mein tiefstes
Mitgefühl", sagte Cameron zu den Angehörigen der drei Getöteten. "Ich
glaube, jeder in diesem Land denkt an diese drei Männer und ihre Familien."
15 Aug 2011
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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