# taz.de -- Diskussion im taz-Wahllokal über Stadtentwicklung: Die Suche nach … | |
> Kulturinitiativen bereichern als Zwischennutzer die Stadt, meist ohne | |
> Geld. Unterstützung von Seiten der Politik fehlt jedoch, klagen Praktiker | |
> bei einer taz-Debatte. | |
Bild: Kulturelle Zwischennutzung, mit der die Poltitk mal kein Problem hat: SPD… | |
Berlin ist eine lebendige Stadt. Deshalb strömen Menschen aus aller Welt | |
hierher - und es sind keineswegs nur die Touristen. Auch junge Künstler | |
wollen unbedingt in Berlin aktiv werden. Mit Ausstellungen, Aufführungen, | |
Konzerten. Davon profitiert die Stadt. Aber unterstützt sie auch die | |
kreative Szene? | |
Bei der zweiten von insgesamt fünf Diskussionsrunden im taz-Wahllokal | |
(siehe Kasten) ging es am Mittwochabend daher um die Frage: "Welche | |
Stadtentwicklung braucht die Kultur?" Die Antwort war schnell gefunden. Die | |
Berliner Kulturtreibenden bräuchten überhaupt erst mal eine | |
Stadtentwicklung, die sie wahrnimmt. Oder, wie es Andreas Krüger, | |
Geschäftsführer des Kreativgroßhandels Modulor, formulierte: "Wir brauchen | |
eine Kultur der Stadtentwicklung." | |
Bisher, darin waren sich alle Podiumsteilnehmer einig, blieben die | |
Potenziale der Stadt ungenutzt, vor allem was die noch landeseigenen | |
Grundstücke betrifft. "Das sind Bausteine, mit denen man gestalten kann", | |
sagte Johanna Schlaack, Stadtforscherin an der Technischen Universität. | |
Doch der Liegenschaftsfonds, der die landeseigenen Immobilien vermarktet, | |
gehe derzeit nach der Devise vor: "Wenn man was nicht loswird, dürfen die | |
Künstler mal ran." Es fehle die Erkenntnis, dass eine behutsame Entwicklung | |
der Grundstücke langfristig der Stadt viel mehr bringe als der bloße | |
Verkaufserlös. | |
"Zwischennutzung an sich ist ein gutes Ding", sagte Christophe Knoch, einer | |
der Initiatoren des Projekts Mica Moca in Wedding. Dort wird für ein paar | |
Monate eine leer stehende Fabrik für Veranstaltungen genutzt. "Wir arbeiten | |
völlig unentgeltlich", erklärte Knoch. Auch die Künstler, die zu 80 Prozent | |
aus dem Ausland kämen, würde nahezu ohne Gage arbeiten. Dennoch gebe es | |
fünf bis zehn Anfragen von Künstlern pro Tag. Noch bis Anfang Oktober | |
können die Mica-Moca-Betreiber die Fabrik nutzen. Danach würden sie gern an | |
einem anderen Ort weiterarbeiten. "Wir suchen", sagte Knoch, "aber ich habe | |
keine Ahnung, an wen ich mich wenden soll." Die Kommunikation zwischen | |
Senat und Bezirksverwaltungen sei desolat. Dabei geht es gar nicht mal um | |
finanzielle Unterstützung. Die vorhandene Kulturförderung wie der | |
Hauptstadtkulturfonds passe eh nicht auf die schnelllebige Kulturszene, | |
meint Knoch. "Es bedarf nur eines Raumes." | |
Auch der Kurator und Kritiker Thomas Wulffen ärgert sich: "Ich wundere | |
mich, dass so viel in der Stadt passiert, aber die Kulturverwaltung | |
schläft." Bisher gibt es zwar einen Atelierbeauftragten in Berlin. "Wir | |
brauchen aber einen Raumbeauftragten", forderte Wulffen. "Eine kleine, | |
wendige Institution, klar, schlagkräftig und transparent", ergänzte die | |
Stadtforscherin Schlaack. "Ein Zwischennutzungskataster", nannte es | |
Modulor-Chef Krüger. | |
Kurz gesagt, eine Stelle, die Einblick hat, nicht nur in den Sachstand bei | |
den landeseigenen Arealen, sondern möglichst auch in alle privaten | |
Bauvorhaben. Das würde ganz nebenbei auch den Blick auf die Randlagen der | |
Stadt erleichtern. "Wer redet denn noch über Mitte?", fragte Wulffen. Man | |
müsse über Lichtenberg oder Marzahn reden. "Da ist noch was zu holen." | |
Uneins waren sich die Diskutanten nur in der Frage, ob es künftig einen | |
Senator für Stadtentwicklung und Kultur geben solle. Schlaack hielt das für | |
wenig sinnvoll, Krüger für absolut zeitgemäß. Wichtig sei aber, darüber | |
bestand wiederum Konsens, dass es überhaupt wieder einen wirklich | |
Verantwortlichen im Senat für Kultur gebe. | |
Gern hätte man gehört, was maßgebliche Politiker aus der Kultur- und | |
Stadtenwicklungsverwaltung zur Sichtweise der Praktiker gesagt hätten. Sie | |
hatten aber trotz Einladung keine Zeit gefunden. | |
Die gesamte, rund 90-minütige Diskussion wurde aufgezeichnet. Sie kann als | |
Videostream unter [1][taz.de/zeitung/tazinfo/videos/] angesehen werden | |
25 Aug 2011 | |
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[1] /zeitung/tazinfo/videos/ | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
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