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# taz.de -- taz-Veranstaltung zur Berlin-Wahl: Eigentlich gibt es viel zu tun
> Wem gehört der Kreuzberger Kiez? Den "Türken", weil es vier
> türkeistämmige Kandidaten gibt? Oder sitzen wir alle im selben
> Gentrifizierungsboot? Eine Diskussion im taz-Café.
Bild: Für immer "die Türken" oder ganz normale Kandidaten? v.l.n.r.: Figen Iz…
Gewählt sind sie noch nicht. Und doch sorgen die vier schon jetzt für
Gesprächsstoff - denn Muharrem Aras (SPD), Figen Izgin (Linke), Turgut
Altug (Grüne) und Ertan Taskiran (CDU) sind nicht nur türkeistämmige
Lokalpolitiker. Sie alle sind Direktkandidaten im Kreuzberger Wahlkreis 3
für die Abgeordnetenhauswahl am 18. September. "Das ist bundesweit
einmalig", erklärte taz-Redakteurin Alke Wierth zu Beginn der ersten von
fünf taz-Wahlveranstaltungen am Mittwochabend im taz-Café. Dass alle vier
großen Parteien Kandidaten mit Migrationshintergrund aufstellen, wecke
daher überregional Interesse, zumal in post-sarrazinschen Zeiten. Aber wie
sehen das die Kandidaten: Bedeutet die gemeinsame Herkunft wirklich so
wenig, wie sie vor Kurzem in der Zeit betonten?
In diesem Punkt waren sie sich tatsächlich ziemlich einig. "Es stört mich,
dass ständig über meine türkische Herkunft gesprochen wird", sagte der
41-jährige Taskiran (CDU). Auch Izgin (Linke) legte Wert auf die
Feststellung, man unterscheide sich schon sehr in den politischen
Forderungen. Zudem verbinde sie nach 32 Jahren in Berlin nur mehr wenig mit
der Türkei: "Dahin komme ich höchstens einmal im Jahr im Urlaub." Der Grüne
Altug erklärte, es sei doch selbstverständlich, dass man sich dort, wo man
lebe, politisch einbringe. Gleichzeitig gab er zu, die Vierfach-Kandidatur
von Deutschtürken sei "ein erster Schritt, die gesellschaftliche
Wirklichkeit der Straße abzubilden" - mithin längst keine Normalität.
Zugleich sei sie aber auch eine Antwort auf Thilo Sarrazin: dass sich
Menschen, die aus der Türkei stammen, hier politisch engagieren - aber
nicht als homogene Gruppe, sondern als politische Konkurrenten.
Dass migrantische Kandidaten die richtige Reaktion auf Sarrazin sind,
musste SPD-Vertreter Aras natürlich auch finden. Er wies zudem darauf hin,
dass die Kreuzberger SPD sich vehement gegen den ehemaligen Finanzsenator
ausgesprochen habe, und betonte, dass die hohe Zustimmung zu dessen
rassistischen Thesen "nicht nur ein SPD-Problem" sei. Dem stimmte wiederum
Izgin zu: "Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem."
Mit der Einigkeit war es jedoch schnell vorbei, als die taz-Moderatorin die
Debatte auf das eigentliche Thema des Abends lenkte: Wem gehört der Kiez -
noch, möchte man sagen, angesichts der drastischen Mietsteigerungen in
Kreuzberg - ? Nun begann das bei Politikern beliebte Spiel der
gegenseitigen Schuldzuweisungen.
Mietpolitik sei vor allem Bundespolitik, erklärte die Linke, deren Partei
seit zehn Jahren mitregiert. Außerdem habe der Regierende Bürgermeiser
Klaus Wowereit (SPD) steigende Mieten lange sogar gut gefunden. Auch der
grüne Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg habe weit weniger getan,
als er hätte können, so Izgin. Das konnte der Grüne nicht auf sich sitzen
lassen - und warf umgekehrt Rot-Rot sträfliche Untätigkeit vor. Worauf der
SPDler auf die "Umwandlungsverordnung" verwies, die der Senat gerade auf
sieben Jahre verlängert habe - als Schutzfrist der Mieter vor
Eigenbedarfsklagen.
Wenig Konkretes hatten die vier auch zum Thema Bildung anzubieten, genauer
zu der Frage: Was tun gegen das Phänomen, dass viele Kreuzberger Schulen
fast 100 Prozent Schüler nichtdeutscher Herkunft haben, weil die Deutschen
ihre Kinder in anderen Bezirken einschulen? Die Linke-Vertreterin erklärte,
die Schulen bräuchten mehr und motivierteres Personal, damit auch die
Deutschen wieder dorthin wollten. Der Grüne forderte eine Öffnung der
Schulen "in den Kiez" sowie mehr "Geld für Bildung". Der CDUler monierte -
völlig am Thema vorbei - fehlende "Sicherheit und Sauberkeit" in Kreuzberg.
Und der SPDler wollte "drüber nachdenken", das Wohnortprinzip bei der
Schulwahl verbindlich zu machen. Das hat Rot-Rot zwar gerade abgeschafft.
Aber was solls?
18 Aug 2011
## AUTOREN
Susanne Gannott
## TAGS
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
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