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# taz.de -- Kommentar Guido Westerwelle: Ein langer Abschied
> Die Versicherungen der FDP-Führung, dass sie an Westerwelle festhält,
> klingen fast wie Nachrufe. Denn er kann nicht bleiben, weil er aus
> Fehlern nicht lernt.
Keine andere Partei war in ihrer Geschichte ideologisch so dehnbar wie die
FDP. Keine ist so willig umgeschwenkt, wenn es dem Machterhalt diente.
Gerade vor diesem Hintergrund erscheint Guido Westerwelle als tragikomische
Figur: Der Exchef der FDP stürzt, weil es ihm an jener Geschmeidigkeit und
Anpassungsfähigkeit fehlt.
Westerwelle macht in der Libyenpolitik genau den gleichen Fehler wie in der
Steuerpolitik 2010. Er hat sich blindlings und halsstarrig in einer
unhaltbar gewordenen Stellung verbarrikadiert. Im letzten Frühjahr war auch
der FDP-Klientel längst klar, dass Steuergeschenke angesichts der massiven
Staatsverschuldung einfach unbezahlbar sind. Doch der Parteichef forderte
unverdrossen und folgenlos weiter Steuersenkungen - bis er damit am Ende
ganz alleine war.
In der Libyenpolitik erkennt man das exakt gleiche Muster. In Tripolis
ziehen die Rebellen ein, und der Außenminister lobt sich weiter für die
Enthaltung Deutschlands im UN-Sicherheitsrat und die effektiven Sanktionen,
die dem Gaddafi-Regime das Rückgrat brachen.
Zwar gibt es keinen Grund, in den Chor der Selbstgerechten einzustimmen,
die den Sieg der Nato als große Heldentat feiern. Dieser Sieg hat einen
Preis. Niemand weiß, ob Libyen nicht in Chaos und entgrenzter Gewalt
versinken wird. Die Nato hat massiv das Mandat des UN-Sicherheitsrats
überzogen. Sie durfte eine Flugverbotszone errichten, faktisch hat sie das
Gaddafi-Regime weggebombt. Wer soll der UNO noch vertrauen, wenn der Westen
am Ende sowieso tut, was ihm als opportun erscheint?
Davon redet Westerwelle allerdings nicht - er verteidigt vielmehr seine
weitsichtige Neutralitätspolitik. Es ist schwer zu sagen, was peinlicher
für ihn ist: das Beharren, doch immer recht gehabt zu haben, oder sein
erzwungener, halber Schwenk Richtung Nato-Lob.
Als Minister hat Westerwelle ein diffuses Bild abgeben. Es war nicht zu
erkennen, wofür er steht. Nun wird Westerwelles Abgang durch die einzige
Idee beschleunigt, die er als Außenminister hatte: die Skepsis gegenüber
dem Nato-Einsatz. Das hat einen Hauch von Tragik.
Die Versicherungen der FDP-Führung, dass der liberale Star von gestern noch
bleiben darf, klingen fast wie Nachrufe. Westerwelles Sturz dauert schon
lange. Es ist ein Abgang in Zeitlupe. Aber er ist unaufhaltsam. Denn
Westerwelle ist unfähig, aus Fehlern zu lernen.
28 Aug 2011
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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